News von der Glarner reformierten Landeskirche

«Wir wissen alles und sagen wenig»

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20.09.2019
Roman Ulrich ist einer der sechs amtierenden «Muotathaler Wetterschmöcker». Die Begegnung mit dem Wetterpropheten ist urchig. Seine Prognosen sind gewagt.

Er nennt sich «Jöri». Der stämmige Mann mit den stahlblauen Augen bezeichnet sich als «Spränzel». Schliesslich wiege er weniger als hundert Kilogramm. Und das sei für einen wie ihn schon fast untergewichtig.

Jöri, oder Roman Ulrich, wie er im zivilen Leben heisst, ist Innerschwyzer Bergbauer. Und Wetterprophet. Als einer der sechs amtierenden «Muotathaler Wetterschmöcker» sagt er zweimal im Jahr das Wetter für das kommende Halbjahr voraus. Und stellt sich dabei im Rahmen des Meteorologischen Vereins Innerschwyz dem Wettkampf der Wetterpropheten aus dem Muotathal.

Vielleicht hat sich diese Gegend deshalb zu einer Hochburg der Wetterpropheten entwickelt, weil sich dort die schweren Wolken zuerst erleichtern müssen, bevor sie der Westwind über die steilen Berggipfel trägt. Hier regnet es so viel wie nirgendwo sonst in der Schweiz. Und damit die früheren Bauern wussten, wann es endlich wieder einmal trocken ist und sie heuen können, fiel die Kunst der Wetterprophetie auf fruchtbaren Boden.

Bauchgefühl für das Wetter
Der Verein besteht seit 72 Jahren und zählt heute stolze 4100 Mitglieder. Die«Wetterschmöcker» treffen sich regelmässig zu zwei Jahresversammlungen. Derjenige Wetterprophet, der die treffendste Prognose für das vergangene Halbjahr abgab, gewinnt den begehrten Wanderpokal.

Man kann die «Wetterschmöcker» aber auch ausserhalb der Vereinsversammlungen erleben, sofern man den Weg bis zum Weiler Bisisthal im hintersten Muotathal nicht scheut. So wie kürzlich die Seniorengruppe der Kirchgemeinde Schaffhausen-Buchthalen, die dort dem Innerschweizer Singsang von Wetterprophet Jöri lauschte: «Man darf als Wetterprophet nicht auf den Mund gefallen sein. Trocken über das Wetter zu reden, überlasse ich den Leuten vom Fernsehen.»

Als Bergbauer sei er das ganze Jahr über auf das Wetter angewiesen: «Ich habe schon als Kind ein Bauchgefühl für das Wetter entwickelt.» Er halte sich an den Wind, um das Wetter vorherzubestimmen. Und an die Bauernregeln: «Das ist schwierig und kompliziert, denn es gibt unglaublich viele», betont Jöri. Deshalb habe auch jeder Wetterprophet seine eigene Methode: «Der eine seziert Tannenzapfen und Baumrinden oder beobachtet die Erdhaufen der Mäuse, der andere hockt sich nackt in einen Ameisenhaufen, um zu schauen, ob die Ameisen beissen.»

So ganz genau gibt Jöri das Geheimnis seiner eigenen Methode den Schaffhausern nicht preis. Dafür schöpft er aus seinem reichen Repertoire an Anekdoten und Witzen: «Wir Wetterpropheten wissen alles, aber sagen wenig», meint er augenzwinkernd. Jöri prophezeit einen durchzogenen Herbst: «Es gibt viele kühle Tage mit Regen.» Im Frühling 2020 wird die Rückschau an der Jahresversammlung zeigen, ob ihm das Wetter gewogen war.

Adriana Schneider, kirchenbote-online, 20. September 2019

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