Wie ein Amerikaner Berner Kirchenbücher digitalisierte
Ohne Lewis Rohrbach wären die Kirchenbücher der 400 Berner Gemeinden wohl nicht so bald online publiziert worden. Denn Rohrbach, ein wohlhabender Banker aus den USA, suchte im Jahr 2003 nach seinen Vorfahren in seiner Schweizer Heimat Bern. Um tief in seine Familiengeschichte eintauchen zu können, musste er Kirchenbücher studieren. Dort notierten die Pfarrer in den Kirchgemeinden die Namen bei Taufen, Ehen und Todesfällen ihrer Gemeindemitglieder.
Mormonen wollten Mikrofilme
Rohrbach wandte sich also ans Berner Staatsarchiv und fand dort lediglich Mikrofilme vor. Die Kirchenbücher waren in den 80er Jahren aufgrund eines Vorstosses der Mormonen verfilmt worden. Die Familienforschung ist tief in der Religion der Mormonen verankert. Nach ihrem Glauben ist es möglich, verstorbene Angehörige durch einen Platzhalter taufen und so in die Mormonengemeinde aufnehmen zu lassen. Die Mormonen wollten die Berner Kirchenbücher auf Mikrofilm sichern, damit ihre Mitglieder sie zur Forschung nutzen konnten. Doch der Kanton Bern beschloss, die Mikrofilme lieber selber erstellen zu lassen und den Mormonen dafür Kopien zur Verfügung zu stellen.
Ein Vermögen investiert
Zwanzig Jahre später bat auch Lewis Rohrbach den Kanton um Kopien dieser Mikrofilme. Da mittlerweile die Computertechnik fortgeschritten war, hatte er die Idee, die Mikrofilme zu digitalisieren und auf CD-Roms zu brennen. «Das Staatsarchiv gab grünes Licht. Es muss Rohrbach ein Vermögen gekostet haben», sagt die Berner Staatsarchivarin Barbara Studer Immenhauser. Rohrbrach digitalisierte über eine Million Seiten. Die daraus entstandenen CD-Roms konnten bei ihm in der Folge für 150 bis 300 Franken erworben werden, wie die Berner Zeitung in einem Porträt über Rohrbach schrieb.
Auch das Berner Staatsarchiv konnte Kopien erwerben. Jedoch nur unter der Bedingung, dass sie nicht vor dem Tod Rohrbachs online gestellt werden dürfen. Im Januar 2016 verstarb Lewis Bunker Rohrbach nach langer Krankheit in Florida, USA. Vor seinem Tod hatte er seine Nachkommen gebeten, «aunä Lüt wonär kennt het, hie zWorb, u im ganzä Kanton Bärn, usrichte, das är für di Zyt mitänang so dankbar sig gsi», wie es in der Todesanzeige heisst. Denn Rohrbach mochte Bern so sehr, dass er sich in Worb ein Bauernhaus kaufte, in dem er zeitweise auch lebte.
Aufzeichnungen bis ins Jahr 1875
Nach dem Tod von Rohrbach begann das Staatsarchiv, die Daten der CDs ins Online- Archiv zu übertragen. Das älteste der Bücher stammt aus Rüti bei Büren und beginnt im Jahr 1528. «Längst nicht alle Untertanen wollten reformiert werden. Um kontrollieren zu können, dass alle Schäflein 'richtig' getauft wurden, begann die Obrigkeit, diese aufzuschreiben», sagt Studer. «Es ist bemerkenswert, dass man in Rüti bei Büren bereits gut einen Monat nach der Reformation damit begonnen hat.»
Die Aufzeichnungen der Kirchenbücher enden übrigens im Jahr 1875. Mit der Bundesverfassungreform von 1874 wurden das Zivilstandesamt und die Zivilehe eingeführt. Dass die Kirchenbücher nun online eingesehen werden können, freut laut Studer insbesondere ausländische Familienforscher. Viele, die in den USA leben, suchen wie damals Rohrbach nach ihren Vorfahren in der Schweiz. «Gerade aus dem Emmental sind Berner in die USA ausgewandert», sagt Studer. Sie können nun leichter und schneller ihre Wurzeln in Bern nachforschen.
Andreas Bättig / ref.ch / 21. Februar 2017
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
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