Spontan sagt eine Frau beim Betreten der Matter Kirche: «Sind recht farbig, die Bilder. Sie leuchten so schön.» Auch Pfarrer Beat E. Wüthrich zeigt sich beeindruckt: «Danke, dass ihr unsere Kirche so schön farbig gemacht habt», ruft er im sonntäglichen Gottesdienst den beiden Künstlern This Baumgartner aus Engi und Allam Fakhour aus Syrien zu. Vieles in den Bildern brächte unsere Herzen zum Jubilieren und auch zum Nachdenken. «Bedeutsam ist jedes.»
Initiiert haben die Ausstellung die Chlytaler Kirchgemeinden und der ALOJOB, die Beratungs- und Arbeitsvermittlungsstelle für erwerbslose und ausgesteuerte Menschen mit Wohnsitz im Kanton Glarus. Letztere wird von den beiden Landeskirchen getragen. «Wir wollen zwei Welten zusammenbringen und hinter die Geschichte schauen», sagt Stellenleiterin Brigitte Baumgartner-Büsser zur Ausstellungsidee.
Wir brauchen einander
Pfarrer Wüthrich sagt in seiner Predigt zum Thema Liebe, Kunst diene dazu, uns eine neue Sicht zu zeigen. Denn da wir nur ein Stück vom Ganzen sähen, bräuchten wir die Sicht des Anderen, um unseren Horizont zu erweitern.
Der Pfarrer stellt This Baumgartner, den 79-jährigen Hobbymaler aus Engi, vor. Seit Anfang Februar lebt dieser im Altersheim Elm und hat dort bereits wieder drei Bilder gemalt. «This hat eine enorme Schaffenskraft», so Beat Wüthrich. Seine farbenfrohen Bilder in ganz unterschiedlichen Stilen und Techniken liessen ein alt bekanntes Gelände plötzlich in ganz neuen Farben aufleuchten: «Wie wenn es frisch renoviert wäre.»
Der Hobbymaler dankt dem Pfarrer und dem Kirchenrat, dass er in der Kirche mehr als 80 Bilder ausstellen darf. Er erzählt von seinen Malkursen und den Malferien in der Schweiz und im Ausland: «Das war immer schön und hat mir gut getan.» In Matt stellt er neben bunten Glarner Sujets auch solche aus Italien aus.
Schreckliche Jahre im Gefängnis
Brigitte Baumgartner erzählt von Allam Fakhour. In Syrien aufgewachsen, begann dieser schon als kleines Kind zu malen und gestalterisch tätig zu sein. Er absolvierte die Fakultät für Bildende Künste an der Universität von Damaskus mit Schwerpunkt Bildhauerei, unterrichtete und arbeitete während vielen Jahren als Bildhauer, Maler, Siebdrucker, Polydesigner und Theaterplastiker. Gleichzeitig setzte er sich für die Menschenrechte ein, worauf er zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Seine Liebe zur Kunst hätte ihm geholfen, die schreckliche Zeit im Gefängnis in Damaskus zu überstehen.
Allam Fakhour floh anschliessend mit seiner Frau nach Beirut und erhielt dann in der Schweiz Asyl. Seit 2015 lebt der 43-Jährige hier als anerkannter Flüchtling. «Sehr gerne würde Allam Fakhour auch einer regelmässigen Arbeit nachgehen und eigenständig für seinen Lebensunterhalt aufkommen. Es ist aber für ihn sehr schwierig, Arbeit zu erhalten», so die ALO-Stellenleiterin. Doch der in Näfels wohnhafte Syrer gebe die Hoffnung nicht auf. «Er ist einer aus dem Kreis von vielen, die überglücklich wären, wieder Arbeit zu finden.»
In Matt stellt Allam Fakhour sieben Bilder aus: eindrückliche Gesichter, die bereits in einer Ausstellung in Zürich zu sehen waren, dann Elemente aus der Natur, mehrfarbig, wie zum Beispiel ein Frühlingsbild als Hoffnung in der Pandemiezeit. Die Kunst helfe ihm gegen die Einsamkeit, sagt er im Gottesdienst. Und dass er als Moslem in einer christlichen Kirche ausstellen dürfe, freue ihn sehr.
Madeleine Kuhn-Baer, Medienbeauftragte
Vom Tödi bis nach Syrien