News von der Glarner reformierten Landeskirche
Weihnachtslieder und ihre Geschichten

Vom Liebes- zum Weihnachtslied

von Tilmann Zuber
min
21.12.2024
Vor 200 Jahren entstand «O Tannenbaum». Ursprünglich als Trinklied eines Verschmähten gedacht, wurde es zu einem der beliebtesten Weihnachtslieder. Auch hinter anderen viel gesungenen Weihnachtsliedern verbergen sich wunderbare Geschichten.

In der Adventszeit entkommt man ihnen nicht. Ob im Einkaufszentrum, am Flughafen oder im Wohnzimmer – überall erklingen Weihnachtslieder. Dieses Jahr feiert der Evergreen «O Tannenbaum» seinen 200. Geburtstag. 1819 schrieb der Pädagoge Joachim August Zarnack in Sachsen-Anhalt die Strophen, in denen er seinen Schmerz über die Untreue seiner Geliebten ausdrückte: «O Mägdelein, o Mägdelein, wie falsch ist dein Gemüte!» Der Tannenbaum spielte damals eine Nebenrolle. 1824 verfasste der Komponist Ernst Anschütz neue Zeilen und verwandelte das Liebeslied in das Weihnachtslied «O Tannenbaum».

Auch andere klassische Weihnachtslieder bergen Geschichten, die Stoff für Hollywood-Filme bieten. Legendär ist die Entstehung von «Stille Nacht». Kurz vor der Mitternachtsmesse im Jahr 1818, so die Legende, versagte die Orgel im kleinen Weiler Oberndorf bei Salzburg. Kaplan Joseph Mohr und Lehrer Franz Gruber trugen die selbst gedichteten Strophen mit Gitarrenbegleitung vor. Die Uraufführung gelang, und das Lied verbreitete sich rasch dank seiner eingängigen Melodie und des einfachen Textes.

Die bewegte Geschichte von «O du fröhliche» führt ins Weimar des Jahres 1815. Nach den napoleonischen Feldzügen herrschte grosse Not. Viele Waisenkinder lebten auf der Strasse. Mitten im Schneesturm klopfte im Winter ein Kind an die Tür des Theologen Daniel Falk. Falk nahm das Waisenkind und später viele andere auf. 1815 schenkte er seinen Waisenkindern zu Weihnachten ein Lied und schrieb die Strophen zu «O du fröhliche». Die Melodie stammt aus Sizilien.

Songwriter Martin Luther skriptet die Heiligen weg

Auch «Vom Himmel hoch, da komm ich her» wurde für Kinder geschrieben, und zwar von Martin Luther. Er dichtete den Text zu der Melodie eines Spielmannslieds für seine fünf Kinder. Luther wollte, dass die Kleinen an Heiligabend nicht leer ausgingen – auch in Bezug auf die Geschenke. Als Luther den katholischen Sankt Nikolaus aus den protestantischen Stuben verbannt hatte, erfand er das Christkind. Dieses bringt seitdem die Geschenke am 24. Dezember.

Hoffnungslied im Dreissigjährigen Krieg

Andere Weihnachtslieder wie «O Heiland, reiss die Himmel auf» greifen historische Ereignisse auf. Als der Jesuit Friedrich Spee das Adventslied schrieb, tobte der Dreissigjährige Krieg. Die Landsknechte hinterliessen verbrannte Landschaften, Hunger und Seuchen breiteten sich aus. Zudem herrschte vielerorts der Hexenglaube. Unzählige Frauen wurden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Diese schrecklichen Ereignisse flossen in die Strophen ein, die zum Hilfeschrei wurden. Spee prangerte die Hexenverfolgung in seiner Schrift «Cautio Criminalis» an. 1635 starb er an der Pest. Nach dem Dreissigjährigen Krieg entstand auch Paul Gerhardts «Ich steh an deiner Krippen hier». Die Melodie stammt von Johann Sebastian Bach.

Auch heute erobern Weihnachtslieder wie «Last Christmas», «Let it Snow» oder «Do They Know It’s Christmas» die Hitparaden. Sie besingen verschneite Landschaften, Mistelzweige und die Liebe. Anders als bei den Klassikern aus dem 16., 17. oder 18. Jahrhundert zahlt sich der Erfolg lukrativ aus.

 

Unsere Empfehlungen

Auge um Auge, Chräbeli um Chräbeli

Auge um Auge, Chräbeli um Chräbeli

Das Weihnachtsfest mit der Familie ist ein Minenfeld: Streit am «Famlienschlauch» ist legendär. Nicht bei Ihnen? Da ist alles in Minne? Dann ist hier die satirische Anleitung zur Eskalation in neun Schritten.