Verband distanziert sich von Homophobie-Vorwurf
Das Newsportal 20 Minuten wirft dem «Bund Evangelischer Schweizer Jungscharen» (BESJ) in einem Artikel massive Hetze gegen Schwule vor. 20 Minuten bezieht sich dabei auf die Webseite des Verbandes: Dort werden unter der Rubrik «Teenie» Hilfsmittel für die Leiter von Teenager-Gruppen bereitgestellt. Unter anderem bietet die Rubrik eine Sammlung von Bibelstellen zu Themen wie «Partnerwahl», «Sex vor der Ehe» und «Homosexualität».
Schwulsein als «Gräuel»
Zum Stichwort «Homosexualität» listet die Seite sieben Zitate auf, welche die Haltung der Bibel diesbezüglich belegen sollen. So wird etwa aus dem 3. Mosebuch «Du sollst nicht bei einem Manne liegen wie bei einer Frau; denn es ist ein Gräuel» zitiert. Mit weiteren Bibelstellen wird Homosexualität als «schändliche Leidenschaft», als «Kennzeichen von Ungläubigen» und «Folge von Götzendienst» verunglimpft. Die unkommentierten Zitate dienen offenbar als Anregung und Argumentationshilfe für die Arbeit der Jungscharleiter.
Die von 20 Minuten befragten Politikerinnen und Politiker zeigten sich schockiert. «Hier wird zum Hass gegen Menschen aufgerufen», sagte etwa SP-Politiker Angelo Barrile. SP-Nationalrat Mathias Reynard forderte gar ein Verbot, sollte der BESJ weiterhin schwulenfeindliche Propaganda betreiben.
Cevi Schweiz distanziert sich
Wenig erfreut ist man auch bei Cevi Schweiz, einem der grössten christlichen Jugendverbände in der Schweiz. Dort will man den Artikel zwar nicht direkt kommentieren, betont aber, dass die Vorwürfe gegen den BESJ auch auf die anderen christlichen Jugendverbände abfärben könnten: «Wir können einen pauschalen Imageschaden nicht ausschliessen, zumal in den erschienenen Artikeln jeweils von Jungscharen und nicht explizit von BESJ-Jungscharen gesprochen wird», sagt Felix Furrer, Verantwortlicher Kommunikation bei Cevi Schweiz. «Als Cevi Schweiz möchten wir aber festhalten, dass wir für sämtliche Menschen, unabhängig ihrer Herkunft, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Orientierung offen sind.»
Auch der katholische Jugendverband Jungwacht Blauring distanziert sich in einem Tweet entschieden vom BESJ: «Jungwacht Blauring geht offen mit LGBTI um und fördert die Toleranz und Gleichberechtigung aller», kommentiert der Verband.
«Keine Hetze»
Adrian Jaggi, Mediensprecher beim BESJ, zeigt sich überrascht über den «reisserischen» Ton des 20 Minuten-Artikels. «Wir hatten zunächst keinerlei Chance auf eine Rücksprache oder Stellungnahme. Diese wurde uns erst nach Erscheinen des Artikels angeboten», sagt Jaggi auf Anfrage. Er kritisiert auch den Vorwurf der «Hetze», der ein aktives Vorgehen gegen Homosexuelle impliziere. «Wir haben den Fehler gemacht, dass wir die Bibelstellen unkommentiert ins Netz gestellt haben. Wir gingen davon aus, dass die Leser dies nicht eins zu eins übernehmen würden, sondern in den jeweiligen Kontext stellen. Für diesen Fehler entschuldigen wir uns.» Der BESJ hat die Bibelzitate mittlerweile von seiner Seite genommen.
Der BESJ ist ein christlicher Jugendverband, dem rund 800 Jugendgruppen mit über 15’000 Kindern und Jugendlichen angehören. Im Frühling 2017 hatte das Bundesamt für Sport (Baspo) entschieden, den mehrheitlich freikirchlichen Verband aus dem Förderprogramm von Jugend + Sport auszuschliessen, da der Verband «überwiegend missionarische Zwecke» verfolge. Auf massiven Protest des BESJ und anderer betroffener Jugendverbände hin verhandeln Baspo, Jugendorganisationen und Vertreter des Eidgenössischen Parlaments zurzeit über eine alternative Lösung.
Heimito Nollé / ref.ch / 28. Juni 2017
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
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