Unterbruch
Eigentlich hatte ich nicht vor, in die Schweiz zurückzukehren, bevor mein Semester in Norwegen zu Ende sein würde. Aber manchmal kann man noch so gut planen – und das Leben macht nicht mit. Aber schön der Reihe nach.
Meine Monate in Norwegen vergingen wie im Flug. Langsam, aber sicher, wurde es Frühling und der Schnee seltener. Das Gras auf den Feldern wechselte von blassgrau zu sattgrün. Die Sonne ging früh auf und immer später unter. Meine Freundesgruppen schon sehr gefestigt, genoss ich das Studentenleben im Hohen Norden. Bis vor einer Woche. Gegen Ende des Semesters häuften sich die Abgaben, und ich schrieb Aufsatz um Aufsatz. Kaum war die eine Deadline geschafft, stand die nächste an. Auf einmal bemerkte ich ein Kratzen im Hals und stellte fest, dass meine Lymphknoten geschwollen waren. «Komisch», dachte ich, «aber wird schon nichts Schlimmes sein, als Teil meiner Immunabwehr, arbeiten die Lymphknoten sicher an einer Erkältung». Zur Sicherheit rief ich meinen Bruder an, der Medizin studiert, und er bestätigte meine Annahme. Ich solle mir erstmal keinen Kopf machen. Gesagt, getan. Weiter gings, mit Schreiben, Recherchieren, und Zitieren. Ein paar Tage später waren meine Mandeln geschwollen und das Schlucken tat mir weh. Am Freitagabend war die Deadline für einen Aufsatz. Perfektionistisch sass ich bis zehn Minuten vor Schluss dran und gab um 23.52 Uhr ab. Puh, das wäre geschafft. In der Nacht schlief ich schlecht. In meinem Kopf schwirrten die Gedanken, das Schlucken tat weh. Und so wenig ich es mir eingestehen wollte, war am Samstagmorgen klar, ich musste zum Arzt. Die Hausärzte im Dörfchen Ås hatten am Wochenende zu, also fuhren mich meine Freunde nach Ski ins Spital. Diagnose: Pfeiffer’sches Drüsenfieber. Na toll, das hatte mir gerade noch gefehlt. Wie sollte ich jetzt meine restlichen Deadlines schaffen, und überhaupt, ich wollte doch die letzte Zeit hier geniessen – und nicht krank im Bett liegen. Aber eben, man kann es sich nicht aussuchen. Ein paar Telefonate später stand ein neuer Plan. Meine Eltern und ich waren uns einig, dass ich am besten genesen würde in meinem eigenen Bett, zuhause im Glarnerland. Also buchten wir einen Flug in die Schweiz, und im Nu war ich daheim.
Für eine Woche bin ich jetzt zur Genesung im Glarnerland und so sehr ich mich schon zurück nach Norwegen sehne, so sehr geniesse ich es hier verwöhnt und gepflegt zu werden. Zuhause ist es eben doch am schönsten. Und wenn ich hier schnell wieder gesund werde, kann ich bald zurück nach Norwegen und die letzten Wochen dort geniessen.
Unterbruch