Schaffen mehr Waffen Frieden?
Die Armee soll ab 2023 mehr Geld erhalten. Dies hat der Nationalrat als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine am 9. Mai beschlossen und dem Bundesrat eine entsprechende Motion übergeben. Die Armee sei heute nicht mehr in der Lage, die Schweiz in einem konventionellen Krieg zu verteidigen, so die Begründung.
Nach dem Willen der Parlamentsmehrheit sollen die Armeeausgaben von heute 5,6 Milliarden Franken bis 2030 auf rund sieben Milliarden Franken steigen, bis sie bei mindestens einem Prozent des Bruttoinlandprodukts liegen. Kritiker warnten jedoch, dass eine Erhöhung bei der Armee nur auf Kosten anderer Staatsaufgaben möglich sei, etwa der Entwicklungszusammenarbeit.
Dies befürchten auch die Hilfswerke, deren Kritik an den Aufrüstungsplänen nicht lange auf sich warten liess. «Internationale Zusammenarbeit ist die beste Krisenprävention, die Sicherheit der Schweiz hängt nicht von mehr Waffen, sondern von unserer Solidarität und Weltverträglichkeit ab», sagte Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud. Der Zusammenschluss der Schweizer NGOs, dem auch Heks, das Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz, angehört, betont: «Nicht die territoriale Sicherheit der Schweiz ist bedroht, sondern die menschliche Sicherheit auf der ganzen Welt. Und diese erfordert eine umfassende Friedenspolitik anstatt einer unsinnigen Aufrüstungsdebatte.»
Schlecht investiertes Geld
Vergleiche man die geforderten Milliarden mit den bisher vom Bund zusätzlich bereitgestellten 53 Millionen für die humanitäre Hilfe der Schweiz in der Ukraine, seien diese nicht nur viel, sondern auch schlecht investiertes Geld, «wenn man die Nutzlosigkeit der Schweizer Armee bei den verheerenden globalen Folgen des Krieges vor Augen hat», schreibt Alliance Sud. Für eine umfassende Friedenspolitik der Schweiz brauche es eine wirksame internationale Zusammenarbeit, ein gerechtes Wirtschaftssystem und eine starke Demokratie. Dies sieht Alliance Sud als «grundlegende Voraussetzungen für die menschliche Sicherheit auf der ganzen Welt» und ruft die Politiker dazu auf, «weitsichtiger und kohärenter als bisher die aktuellen globalen Krisen anzugehen und einfache, aber unbrauchbare Antworten auf die neuen Sicherheitsrisiken zu verwerfen».
Diese Haltung stützt auch Arne Engeli, der 87-jährige Doyen der kirchlichen Friedensbewegung. «Ich bin gegen eine weitere Aufrüstung der Schweiz, wir sind nicht militärisch bedroht. Unsere Ressourcen sind dort einzusetzen, wo die realen Bedrohungen sind», sagte er gegenüber ref.ch.
Kirchentreffen weckt Hoffnungen
Aktuell zeigen die Schweizer Kirchen ihre Solidarität mit der Ukraine mit Gebeten, Friedensappellen und Spenden. Die Friedensbewegung hat seit dem Ende des Kalten Krieges an Bedeutung verloren. Doch schon im Herbst bietet sich den Kirchen die Gelegenheit, dies zu ändern und sich international neu zu vernetzen. Vom 31. August bis zum 8. September findet in Karlsruhe die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen ÖRK statt – zum ersten Mal seit 53 Jahren wieder in Europa. Die Mitglieder des ÖRK versprachen, sich gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen. Man habe «Frieden als Frucht der Gerechtigkeit» erkannt, sagt Arne Engeli. Dies habe auch bei ihm hohe Erwartungen geweckt. «Diese Aufgabe haben die Kirchen meines Erachtens aber weitgehend fallen gelassen. Ich hoffe, dass in Karlsruhe solche Themen wieder aufs Tapet kommen», meint der Friedensaktivist.
Karin Müller, kirchenbote-online
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