News von der Glarner reformierten Landeskirche

Plädoyer für Insekten

von Désirée Rickenbacher
min
12.05.2024
Es wird Frühling, die Fenster stehen offen und - zack - sind schon die ersten Insekten im Raum. Wie mit den Überraschungsgästen umgehen? Désirée Rickenbacher macht sich Gedanken dazu.

Der Frühling hält langsam aber sicher Einzug ins Land und während überall die Keimlinge spriessen und Knospen sich öffnen, erwacht auch die Tierwelt zu (er)neu(t)em Leben. Spezifischer gesagt, die Insektenwelt. Jeder weiss um den Nutzen von Honigbienen und sie sind gern gesehene Gäste in Gärten, auf Blumenwiesen und auf landwirtschaftlichen Nutzungsflächen. Sehr zum Unmut aller mit Angst erwachen mit der Frühlingssonne aber auch Spinnen aus der Winterstarre, und Fliegen und Mücken werden wieder aktiv. Im Gegensatz zu Bienen «geniessen» diese kleinen Krabbler zumeist einen zweifelhaften Ruf. Völlig zu Unrecht, denn die unbeliebten Krabbeltierchen erfüllen wichtige Funktionen im Ökosystem der Erde. 

Nehmen wir beispielsweise den Archetyp aller Tierphobien – die Spinne. Die achtbeinigen Gesellen sind extrem wichtig in der Tierwelt. Zum einen ernähren sie sich von anderen Insekten wie Blattläusen, Fliegen oder Mücken und regeln so deren Bestände. Dabei haben Forscher herausgefunden, dass alle Spinnen der Welt in einem Jahr in etwa gleich viele Insekten fressen, wie wir Menschen Fleisch und Fisch. Nicht auszudenken, wie gross die Flut an Insekten wäre, würden die unbeliebten Achtbeiner diese nicht natürlich regulieren. Zum anderen dienen Spinnen beispielsweise grösseren Insekten, Vögeln oder Nagetieren als Teil derer Nahrungsgrundlage und stellen so sicher, dass diese Tierarten weiterexistieren können. 

Von den Spinnen weiter zu den Fliegen. Die können, genau wie Mücken, extrem nervig sein. Dennoch nehmen beide Tierchen einen wichtigen Platz in der Nahrungskette ein, dienen sie doch anderen Tierarten als Futter. Nicht zuletzt Vögel, Frösche und Fische bedienen sich, zusätzlich natürlich zum Fressen erwachsener Tiere, oft an Fliegen- und Mückeneiern und -larven. Zudem sind Fliegen und deren Larven wichtige Mitspieler bei der Verwertung von Tierkadavern, Kot und Bioabfällen. Und übrigens, haben Sie gewusst, dass es eine Fliegenart, genauer gesagt eine Stechmückenart ist, die die Kakaopflanze bestäubt? Ohne Fliegen gäbe es also auch keine Schokolade!

Wenn Sie also das nächste Mal eine Spinne oder Fliege erschlagen wollen, halten Sie einen Moment inne. Auch die kleinsten, hässlichsten oder nervigsten Lebewesen tragen ihren Teil dazu bei, unser Ökosystem am Laufen zu halten. Vielleicht könnte man das Krabbeltierchen stattdessen auch einfach mit einem Glas und Papier oder mithilfe einer Kollegin, eines Kollegen nach draussen in die Freiheit bugsieren.

  

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