Meisterwerk im spektakulären Gerüst
Er ist mit 72 Metern höher als die Basler Münstertürme – die Rede ist vom Turm der Elisabethenkirche. Im Vergleich zu seinen zwei mittelalterlichen Kontrahenten sei er allerdings wesentlich sanierungsbedürftiger. «Der verwitterte Sandstein muss restauriert und zum Teil ausgetauscht werden.
Dabei ist das Material heikel, denn der verwendete elsässische Voltziensandstein ist in sich weniger beständig als der Buntsandstein, wie wir ihn am Münster kennen», erklärt Andreas Hindemann, Münsterbaumeister und Projektleiter Restaurierung Elisabethenkirche. «Es ist aber nicht so, dass wir den Elisabethenturm neu bauen müssten. Was wir flicken können, das flicken wir. Was ersetzt werden muss, das werden wir ersetzen.» Die Untersuchungen hätten ergeben, dass wichtige statische Elemente noch in gutem Zustand sind.
Spektakuläres Gerüst
Das bis zur Turmspitze hinaufragende Gerüst gelte wohl als das derzeit spektakulärste in Basel. «Speziell angefertigte Stahlbauteile zur Übernahme von Windkräften – angebracht an der intakten Baumasse im Bereich des Uhrengeschosses – halten das frei auskragende Gerüst des Turmhelms», erklärt Andreas Hindemann. Diese Abspannung müsse pro Turmseite Zugspannungen von bis zu 56 Tonnen aufnehmen können und Windgeschwindigkeiten von über 100 Stundenkilometern standhalten. Um die Angriffsfläche für Windkräfte auf Gerüst und Baumasse möglichst tief zu halten, würden die Gerüstnetze jeweils in den Wintermonaten abgenommen. «Erfahrungsgemäss wüten dann die stärksten Stürme.»
Neugotisches Meisterwerk
Bereits im Mittelalter gab es am Standort der Elisabethenkirche sakrale Vorgängerbauten. «Zwischen 1857 und 1864 realisierte der Basler Architekt Christoph Riggenbach und nach dessen Tod Carl Wartner nach Plänen des Zürchers Caspar Ferdinand Stadler den Neubau. Die Elisabethenkirche gilt als bedeutendste neugotische Kirche der Schweiz», sagt Andreas Hindemann.
«Eisenfresser»
Nur gerade drei Monate nach dem Entscheid des Grossen Rates zur Kreditbewilligung Anfang Dezember 2021 haben die Gerüstbauarbeiten und anschliessend die ersten Restaurierungsarbeiten vor Ort beginnen können. «Zuvor haben wir innerhalb der Münsterbauhütte während längerer Zeit Recherchen und Analysen zu den bereits verbauten Sandsteinen der Elisabethenkirche vornehmen können. Und kurz vor Weihnachten traf eine erste Tranche von Steinblöcken aus dem 50 Kilometer nördlich von Strassburg gelegenen Steinbruch von Rothbach auf dem Werkstattgelände der Münsterbauhütte ein.» Bereits im Januar sei mit der Herstellung von Kopien für den Turmhelm begonnen worden. Die dafür verwendeten Steine hätten sich als «nahrhaft», als eigentliche «Eisenfresser» erwiesen. «In unserem Handwerk bezeichnen wir Steine als Eisenfresser, wenn die Werkzeuge während der Bearbeitung schnell stumpf werden und deshalb häufig nachgeschliffen werden müssen», erklärt Hindemann.
Auch das Kirchenschiff wird renoviert
Die Arbeiten an Turmhelm und Oktogon teilen sich die Basler Münsterbauhütte sowie die Arbeitsgemeinschaft der beiden Firmen Guth Naturstein aus Riehen und Steinhauser Steinhauer aus Oberwil. Wenn alles wie geplant klappt und insbesondere auch das Wetter mitspielt, könnten die Restaurierungsarbeiten, die in weiteren Etappen auch Arbeiten am Kirchenschiff und dem Chor beinhalten, Ende 2029 abgeschlossen werden. Gerechnet wird mit Kosten von 13,2 Millionen Franken. Am Münster selbst werde die Bauhütte während dieser Zeit nur in reduziertem Ausmass tätig sein. «Die Basler Hauptkirche werden wir aber keinesfalls aus den Augen verlieren», versichert Andreas Hindemann. «Selbstverständlich werden wir die nötigen Arbeiten parallel zum Auftrag an der Elisabethenkirche ausführen.»
Meisterwerk im spektakulären Gerüst