Kirchen bekommen Einschränkungen zu spüren
In der Kirchgemeinde Zürich – mit rund 80’000 Mitgliedern die grösste der Schweiz – wurde wegen des Corona-Virus‘ ein sechsköpfiger Krisenstab eingerichtet, der die aktuelle Entwicklung beobachtet und Massnahmen erarbeitet. Das Spektrum der Fragen reiche dabei von geschlossenen Abfalleimern bis hin zu personalrechtlichen Aspekten, sagt der Medienverantwortliche Fabian Kramer.
Auch die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn haben auf die Ausbreitung des Virus reagiert: Zusammen mit der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS) haben sie ein elfseitiges Dokument zum Thema erstellt.
Darin raten sie den Kirchgemeinden unter anderem, für genügend Desinfektionsmittel zu sorgen und Homeoffice-Möglichkeiten zu prüfen. Werden Gottesdienste oder Kasualien durchgeführt, muss eine Liste der Anwesenden erstellt werden, damit die Behörden im Notfall die Kontakte nachverfolgen können. Zudem müssen die Teilnehmer bestätigen, dass sie sich in den zwei Wochen zuvor nicht in einem vom Virus stark betroffenen Gebiet aufgehalten haben.
Kein Desinfektionsmittel mehr
Die Empfehlungen einzuhalten fällt mancherorts allerdings schwer. «Viele Massnahmen sind auf grosse Kirchgemeinden zugeschnitten», sagt Tobias Zehnder, Pfarrer im Zweitausend-Seelen-Ort Krauchthal im Emmental. Eine Kontaktperson für die Kommunikation zu bestimmen oder genügend Leute für das Führen der Anwesenheitslisten zu finden, sei schwierig.
Auch gebe es kaum mehr Desinfektionsmittel. «Unsere Sekretärin konnte zum Glück noch zwei Fläschchen auftreiben, die eine Apotheke in der Region selber hergestellt hat», sagt Zehnder. «Das reicht aber gerade mal für einen halben Gottesdienst.» Wegen dieser organisatorischen Schwierigkeiten wurde die Feier zum Weltgebetstag am 6. März abgesagt, die von den Kirchen Krauchthal und Hindelbank gemeinsam hätte durchgeführt werden sollen.
«Spürbare Verunsicherung»
Das Virus und die daraus resultierenden Einschränkungen beschäftigen auch Lutz Fischer-Lamprecht, der als Pfarrer im aargauischen Wettingen arbeitet. So habe sich seine Kirchgemeinde entschieden, alle Abendmahlsfeiern zu streichen.* «Am Sonntag leitete ich ausserdem ein ‹Fiire mit de Chliine› und musste den Familien mitteilen, dass sie zwei Meter Abstand voneinander halten sollen.» Die Verunsicherung sei spürbar gewesen, sagt Fischer-Lamprecht. Ihm persönlich falle es auch schwer, dem Gegenüber nicht die Hand zu schütteln. «Kirche bedeutet Gemeinschaft, und auf die Zeichen dieser Gemeinschaft verzichten zu müssen, ist extrem hart.»
Aktuell gibt es in der Schweiz 54 bestätigte Corona-Fälle (Stand Mittwochmittag). Der Bund, die Kantone und auch die Landeskirchen informieren laufend über die Entwicklungen.
* Update: Die Wettinger Kirchgemeinde hat eine neue Lagebeurteilung durchgeführt und sich entschieden, die Abendmahle doch durchzuführen. Grund dafür sei, dass die Kantonsärztin den Apéro einer anderen Veranstaltung genehmigt habe; auf das Abendmahl zu verzichten, wäre daher widersprüchlich, so Lutz Fischer-Lamprecht.
Vanessa Buff, ref.ch, 4. März 2020
Informationen und Empfehlungen der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz
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