Jetzt kommen die «KlimaGespräche»
Mitte Dezember ging die Klimakonferenz in Madrid zu Ende. Rund 26’000 Teilnehmer aus 200 Staaten nahmen daran teil. Das Resultat ist ernüchternd. Im Jahr von Greta Thunbergs «Fridays for future», in dem tausende jugendliche Klima-Aktivisten auf der Strasse demonstrierten, ist bei den Regierungen die Aufbruchsstimmung verflogen, die 2015 an der Klima-Konferenz in Paris herrschte. Statt wirksame Beschlüsse zu fassen, begnügten sich die Entscheidungsträger mit einem unverbindlichen Appell. Dabei seien die gesetzten Ziele zur CO2-Reduktion, die nach dem Pariser Abkommen in der Schweiz, aber auch in andern Ländern umgesetzt werden sollen, «längst überfällig», schreibt «Fastenopfer», die katholische Partnerorganisation von «Brot für alle», in seiner Stellungnahme. So ist die Schweiz in der Weltrangliste der Klimabewertungen des Climate Action Network von Platz neun auf Platz sechzehn zurückgefallen.
Hauptverursacher Industrienationen
Enttäuscht von der Klimakonferenz in Madrid ist auch Yvan Maillard, Klimaexperte bei «Brot für alle». Er stört sich daran, dass die reichen Länder den Entwicklungsländern das Geld verwehren, dass sie brauchen, um die Klimaschäden zu bewältigen. «Die Industrienationen sind Hauptverursacher des Klimawandels, unter den Folgen leiden aber vor allem die Menschen in den armen Ländern des Südens», erklärt Maillard. In Paris beschloss die Staatengemeinschaft, diese Länder mit 100 Milliarden Dollar pro Jahr zu unterstützen. Alliance Sud, die entwicklungspolitische Dachorganisation, fordert, dass die Schweiz sich mit jährlich einer Milliarde Franken daran beteiligt. Finanzieren könne man dies mit Flugticket-Abgaben oder einer CO2-Steuer auf Benzin, sagt Yvan Maillard.
Das in Paris formulierte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu senken, sei nicht mehr zu erreichen, sagt Maillard. Man gehe aktuell von zwei bis drei Grad aus. Obwohl auf der staatlichen Ebene keine Einigung in Sicht ist, bestehe dennoch Hoffnung, dass sich etwas ändert. In den demokratischen Staaten setzten sich vermehrt lokale Initiativen durch. Und Gemeinden und Städte würden aktiv, nicht zuletzt auf Druck der Klimajugend, so Maillard.
Den Lebensstil ändern
«Brot für alle» kämpft neben der politischen Einflussnahme und der Klimagerechtigkeit für Entwicklungsländer ebenfalls auf persönlicher Ebene gegen den Klimawandel. Zusammen mit «Fastenopfer» lanciert das Hilfswerk auf Anfang Jahr die «KlimaGespräche». In Workshops erfährt man, wie man seinen persönlichen CO2-Ausstoss reduzieren kann und sein Leben auf Klimakurs bringt. Informationen reichten nicht aus, es brauche eine Verhaltensänderung, sagt «Brot für alle»-Pressesprecher Lorenz Kummer. Denn viele machten sich Sorgen über den Klimawandel, seien aber nicht bereit, ihren Lebensstil anzupassen und auf den Flug in die Ferien, das Auto oder ein neues Handy zu verzichten.
Die Informationen und die Gruppendynamik der «KlimaGespräche» könnte dies ändern. «Es braucht die persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema», sagt Daniel Wiederkehr, Verantwortlicher für die «KlimaGespräche». In Gruppen mit acht Personen und zwei Leitenden analysieren die Teilnehmenden in sechs Gesprächsrunden ihre Gewohnheiten und die Folgen fürs Klima. Es geht darum, das Gefühl der Machtlosigkeit zu überwinden, indem man sich gemeinsam mit den eigenen Widerständen und Ängsten auseinandersetzt.
Die Methode ist erfolgreich. Untersuchungen aus Grossbritannien haben gezeigt, dass es Teilnehmenden gelungen ist, einen neuen Lebensstil zu finden und ihren CO2-Ausstoss innert vier bis fünf Jahren um die Hälfte zu verringern. 2020 sind zwanzig «KlimaGespräche» in den Kantonen Bern, Zürich und der Stadt Luzern geplant.
Karin Müller, kirchenbote-online, 2. Januar 2020
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