News von der Glarner reformierten Landeskirche

«Jesus gehört ins Zentrum, wie beim Fussball der Ball»

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14.09.2017
Schweizergardist, Priester, Pfarrer und Fussballfan. Josef Hochstrasser kennt die Kirche und die Menschen. Sein jüngstes Buch, in dem er hart mit der Kirche ins Gericht geht, sorgt für Aufsehen. Auch in Olten.

«Sind Sie der Metzger?», fragt ein Besucher Josef Hochstrasser und spielt im Vorfeld des Auftritts in Olten auf dessen blau-weiss gestreiftes Jackett an. Nein, er wolle die Kirche nicht schlachten, antwortet der Pfarrer, «sondern ihr Impulse verleihen».

Mit seinem Buch «Die Kirche kann sich selbst das Leben nehmen» sorgt der kleine, drahtige Mann für Wirbel. Ihn schmerzt es, dass die Kirche zurzeit so viel Substanz verliere, sagt er. Aus diesen Schmerzen sei das Buch entstanden, das an der Basis diskutiert werde. Die Kirchenleitungen schweigen dazu.

Denkzettel zum Weiterdenken
Entsprechend gross ist das Interesse in Olten. Zahlreiche Besucher wollen den Kirchenkritiker live erleben und kommen in die Kirche St. Maria. Eingeladen haben die Offene Kirche Region Olten und die Buchhandlung Klosterplatz. Hochstrasser sei weder «ein Wolf im Schafspelz noch ein Ketzer, den man verbrennen müsste», erklärt Buchhändler Christian Meier. Hochstrasser erteile einen «Denkzettel, damit wir weiterdenken.»

Schweizergardist, Priester und Pfarrer
Er sei genau 400 Jahre nach dem Todestag von Luther auf die Welt gekommen, stellt sich der 70-Jährige Pfarrer vor. Trotzdem sieht er sich nicht in den Fussspuren des Reformators.

Aufgewachsen im katholischen Ebikon, will er schon mit elf Jahren Priester werden. Später tritt er in die Schweizergarde ein, mit 26 empfängt er die Priesterweihe. Er habe jedoch das Zölibat unterschätzt, bekennt er. Die Liebe kommt «wie ein Tsunami» über ihn. Hochstrasser will seine Beziehung zu einer Frau nicht verheimlichen. Für ihn steht fest, das Pflichtzölibat aus dem Jahr 1190 ist nicht jesuanisch. Er quittiert das Priesteramt und wird reformierter Pfarrer. Einen Namen macht er sich jedoch nicht als Theologe, sondern als Biograf von Fussballtrainer Otmar Hitzfeld.

In Olten präsentiert Josef Hochstrasser seine zehn Thesen zu einer Kirche, welche die Menschen, vorab die Kirchenfernen, anspreche. Die Leute zeigten durchaus Interesse an der Religion, nicht aber an den Kirchen, stellt der Pfarrer fest.

«Kirche im Vorübergehen»
Grundlage für Hochstrasser ist der geschichtliche Jesus von Nazareth. «Man muss sich an Jesus orientieren, er gehört ins Zentrum. So wie beim Fussball der Ball», meint der Fussballfan. Anhand von Leben und Botschaft Jesu entwickelt Hochstrasser seine Thesen einer kommunikativen Kirche, welche die Leute in ihrem Leben anspricht. Die «Kirche im Vorübergehen» nennt er sie. Sie ist da, wo «es in der Gesellschaft und bei den Menschen brennt». Die Antworten für diese Situationen findet man in der Bibel, ist Hochstrasser überzeugt. Doch leider würden nur die wenigsten die Bibel kennen.

«Schaut nach Jerusalem, nicht nach Rom»
Josef Hochstrasser plädiert in der Kirche für ein Minimum an Strukturen und ein Maximum an Bewegung. Manche Pfarrer, Pfarrerinnen und Priester seien nicht sich selbst und spielten eine Rolle. Doch «das Amt muss in den Hintergrund treten», so Hochstrasser, «denn es kann den Menschen verdunkeln». Selbst Bischöfe seien vor dieser Gefahr nicht gefeit. Das Amt versperre den Blick auf Jesus. «Jeder von uns hat eine persönliche Beziehung zu Christus», so Hochstrasser. Deshalb sollten sich die Gläubigen nicht darum kümmern, was «ein Bischof Huonder sagt, sondern das machen, was Jesus getan hat». «Schaut nicht nach Rom, sondern nach Jerusalem. Jesus hätte Freude daran.»

Konfessionelle Trennung aufheben
In seinen Thesen fordert Josef Hochstrasser, die konfessionelle Trennung aufzuheben. Für die meisten habe diese keine Bedeutung mehr. Ebenso die Trennung zwischen klerikalen Profis und Laien. Im Gegenzug sollten sich die Kirchen vollständig vom Staat lösen, selbst wenn ihnen dann das Geld fehle.

Josef Hochstrasser glaubt an die Zukunft der Kirche. Die Gläubigen müssten begreifen, dass Gott kein «dogmatischer Popanz» sei, sondern sich im Handeln zeige. So werde er erfahrbar, und die Auferstehung rücke ins Zentrum. Ostern finde mitten im Leben statt. «Ich glaube nicht an Gott, aber ich rechne jeden Tag mit ihm», sagt der Pfarrer.

Tilmann Zuber, kirchenbote-online, 14. September 2017

Buchtipp: Josef Hochstrasser, «Die Kirche kann sich das Leben nehmen. Zehn Thesen nach 500 Jahren Reformation», 2017 Zytglogge, Basel

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