News von der Glarner reformierten Landeskirche

Höhenflug und Sturz im neuen Jahr?

von Liv Knecht
min
19.01.2024
Neujahrsvorsätze - neben «höher, schneller und weiter» kommen jetzt noch Adjektive wie «effizienter» und «optimierter» dazu. Auf der «Jungen Seite» schreibt Liv Knecht darüber.

Neujahr. Der 1. Januar. Ein Tag. Hundert Ziele, Vorsätze, Gewohnheiten, die man entwickeln möchte. Klavierspielen lernen, Yoga am Morgen, Krafttraining am Mittag, einen langen Spaziergang am Abend, daneben produktiv sein für Schule oder Arbeit. Gesund essen, genügend trinken, Tagebuch schreiben. Nur um einige Vorsätze zu nennen, die man sich am Anfang des Jahres nimmt. Ich möchte nicht gegen Selbstverwirklichung, Ziele und Vorsätze schreiben. Ich möchte nur davon erzählen, wie Druck und ewige Muster einem das Leben schwer machen können.

Viele Menschen sind unzufrieden mit sich, ihrem Leben, ihrem gesellschaftlichen Status, ihren Beziehungen zu anderen Menschen. Das neue Jahr stellt eine perfekte Möglichkeit dar, sich zu bessern, neue Routinen einzuführen. Das Problem dabei ist wohl auch nicht die Zielsetzung an sich. Es ist deren Definition. Sehr schnell erwartet und will man zu viel. Von null auf hundert. Aus nichts soll alles werden. Aus Schmerz Glück, aus Niederlage Erfolg. Und das sofort. Und wenn es nicht funktioniert, wenn man nicht durchhält, vielleicht schon am 3. Januar keine Energie mehr hat, bricht alles zusammen. So krampfhaft war man fixiert auf seine Ziele. So hart bei der Umsetzung seiner Vorsätze. Arbeitete wie eine Maschine, hielt stur an der sich selbst vorgegebenen Routine fest. Aber bald wird die anfängliche Motivation nicht mehr ausreichen, um sich morgens um fünf Uhr aufzuraffen und eine produktive Morgenroutine durchzuführen. Sie wird ganz einfach verschwinden und damit der perfekte, sich selbst versprochene Lebensstil. Die ersten paar Tage waren ein steil ansteigender Höhenflug, doch sobald der Punkt gekommen ist, an dem alles zu viel wird, knickt man ein. Dieses Gefühl habe auch ich schon erlebt. 

Was habe ich mir also vorgenommen, um diesem Phänomen entgegenzuwirken? Was habe ich mir überlegt, damit nicht am 3. Januar schon alle Vorsätze wieder aufgegeben werden müssen? Wie können Ziele wirklich unsere Ziele sein und nicht nur gesellschaftlich und auf sozialen Medien als korrekt und gesund angesehene Normen? 

Unsere Ziele sollen uns entsprechen. Langfristige Ziele sollen auch als solche angesehen werden und nicht innerhalb von zwei Wochen erreicht werden wollen. Man soll sich Zeit geben und daran denken, dass niemand sein ganzes Leben von einem Tag auf den anderen umkrempeln kann. Das neue Jahr soll nicht schon in den ersten paar Wochen zu einem ewigen Krampfen und Kämpfen werden. Grosse Ziele zu haben ist kein Problem, man soll nach den Sternen greifen. Nur passiert es mir dabei zu oft, dass ich mich mit anderen Personen vergleiche, meine Errungenschaften und Erlebnisse dadurch abwerte. Viel zu oft wird eine Note, eine Punktzahl im Eiskunstlaufen, eine Erinnerung, sobald man sie vergleicht, zu einem unbedeutenden Moment. Wir sind Menschen, keine Maschinen. Wir haben eine Seele, ein Herz und Verstand, keinen unendlich laufenden Motor. Das gestehen wir uns wohl viel zu selten ein. 

Aus diesen Überlegungen heraus habe ich meine vielen Neujahrsvorsätze auf einige wenige reduziert. Darunter «Ich möchte zufrieden mit meinen nächsten Eiskunstlaufwettkämpfen sein können», «Ich will in der Schule mein Bestes geben», aber auch ganz einfach «Ich möchte viele schöne Momente mit Menschen verbringen, die mir guttun». So einfach können Neujahrsvorsätze sein.

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