Heute ist heute ist HEUTE – oder warum eine Kirche weniger noch keine Kirche ausmacht
Wer hätte das gedacht? Dass sich aus einem «Zuviel» einmal ein «Immer-Weniger» entwickeln würde. Ein Zuviel sollte doch Zins und Zinseszinsen abwerfen, aber nicht Kapital abbauen. Diejenigen, welche ein Zuviel (es betrifft wohl die Aller-Allerwenigsten unter uns) an Geld auf ihren Konten horteten, wurden seit dem Jahr 2015 tatsächlich mit einem Negativzins belastet (seit Sept. 2022 wieder aufgehoben). Das biblische Wort: «Wer hat, dem wird gegeben» hat sich für dieses einzige Mal seit der Verschriftlichung dieses Bibelverses nicht bewahrheitet. Und nun stehen die Landeskirchen vor einem ähnlichen Problem. Wir, als Landeskirchen, besitzen ein Zuviel an Gotteshäusern und kirchlichen Gebäuden. Diese Bauten generieren keine Zinsen. Es fehlen die lebendigen Zinsen der ursprünglichen Versammlungsorte. Die sich versammelnden Menschen waren diese lebendigen Zinsen, welche unter einem behütenden Dach Gemeinschaft (er)leben wollten. Leider entwickelte sich im Laufe der Zeit auch bei kirchlichen Gebäuden eine Negativzinskurve. Einfach, weil die lebendigen Zinsen fehl(t)en und sie sich nicht mehr gegenseitig begeistern und verzinsen. An anderen Orten auf unserem Globus, wo Menschen um ein gemeinschaftlich-schützendes Kirchendach froh wären, werden Häuser und eben auch Kirchen unbarmherzig zusammengebombt, so als könnte man die Gebäude am nächsten Tag ohne Probleme wieder aufbauen. Wie gerne würden wohl einzelne Kirchgemeinden eines ihrer Gebäude mit einer Schleife versehen in Kriegsgebiete verschenken, um dort einen kleinen Flecken Frieden und Sicherheit zu ermöglichen. Nur; - so einfach ist das nicht. Das wissen wir alle.
Was empfinden Sie, liebe Leserin, lieber Leser nun als schwerwiegender? Eine innere Verarmung der Kirche, wo sich die Menschen abwenden, verabschieden, gleichgültig werden - oder eine äussere Bedrohung durch (Bomben)- bzw. Repressionsgewalt? Ich kann für Sie keine Antwort geben. Eines wird mir dabei aber klar: Eigentlich ist es ein unglaubliches Luxusproblem, mit welchem sich unsere Landeskirche auseinandersetzen muss. Man denke nur an die Weihnachtsgeschichte vor gut 2000 Jahren. Jesus wurde nicht in einer geheizten Kirche, sondern in einem Stall geboren. Und dieser war nicht mal im Besitz von Josef bzw. Maria. Und trotzdem ist eine weltumspannende Religion unter der Menschheit erblüht, welche nun seit über 2000 Jahren den Menschen eines verkünden will: «Fürchtet euch nicht, denn euch ist HEUTE der Heiland geboren». Ich nehme dieses HEUTE ganz wörtlich. Jeder Tag ist HEUTE, nicht bloss der 24. Dezember.
Liebe Leserin, lieber Leser. Protestantischer Glaube bedeutet, sich im übertragenem Sinne gegen «Negativzinsen» zu erheben. Nach dem Gebet heisst es in die Hände spucken und sich vom Heilig-Kreativen-Geist inspirieren lassen. Mit Ideenreichtum fantasierend. Mit Zuversicht und Hoffnung ausgerüstet. Mit weitem Herzen und offenem Blick vertrauensvoll in die Zukunft schauend. So gelingt und lebt Kirche mit und ohne viel Architektur. Heute vor 2000 Jahren und auch heute HEUTE noch.
Heute ist heute ist HEUTE – oder warum eine Kirche weniger noch keine Kirche ausmacht