Glaube versus Naturwissenschaft
Das Interesse der Glarnerinnen und Glarner am Thema "Glaube und Naturwissenschaften" ist offensichtlich - es wurde an diesem Wochenende ein grosser Bogen von der Astrophysik über die Biologie, Theologie und zum praktischen (Gebets)-Leben eines Christen, einer Christin gespannt. Darin kamen auch Aspekte des Zweifels, der Sinnsuche, Ansätze anderer Religionen und des postmodernen Atheismus zur Sprache.
Der Eröffnungsabend im Kirchgemeindehaus "Glärnischbligg" in Ennenda am Freitag bescherte dem Referenten Dr. Albrecht Kellner ein grosses Publikum, so dass der Saal fast aus allen Nähten platzte und es richtig heiss wurde. Das lag natürlich auch an den spannenden Themen: Der pensionierte Physiker, der in der Raumfahrt und u.a. an auch an der Mathematik hinter der Steuerung der ISS gearbeitet hat, brachte dem Publikum die Erkenntnisse der modernen Physik nahe: wie sie den Urknall beschreiben, die Entstehung und Entwicklung eines hunderte Milliarden von Galaxien umfassenden Kosmos, unseres Sonnensystems mit einer geballten Kernfusionsmaschine als Zentrum und schliesslich der sich belebenden Erde. Dabei zeigte er faszinierende Parallelen zu Aussagen der Bibel über die Schöpfung auf. Diese wird als zielgerichtet, mit einem Anfang beschrieben – was bis vor 100-150 Jahren von der klassischen Physik noch abgelehnt worden war. Interessanter Aspekt für Glarner und Glarnerinnen, die mit "ihrem" berühmten Astrophysiker Fritz Zwicky (1898-1974) auch einen Beitrag zum modernen Weltbild des Kosmos beisteuerten: Als Albert Einstein, Vater der Allgemeinen und Speziellen Relativitätstheorie, seinen eigenen Berechungen der Grundgleichungen zur Entstehung eines "dynamischen" Universums erst nicht recht glauben konnte, hielt Zwicky, ebenfalls ein unabhängiger Denker und Pionier des Astrophysik, diese schon für pausibel. Heutzutage stehen die Evolutionsbiologen vor einem ähnlichen Dilemma, wie Biologin Gaby Ferndriger in einer Wortmeldung beisteuerte: Das klassische Darwinsche Modell der Artenentstehung gelte zwar inzwischen als überholt bzw. unzulänglich - Evolution finde immer nur innerhalb von Arten statt, und auch das Prinzip von Zufall und Überleben des Stärkeren sei angesichts einer zunehmend fehlerhaften DNA kaum haltbar - halte sich recht hartnäckig in den Lehrmeinungen.
Wer mehr wissen will über Glaube und Naturwissenschaft, hat die Wahl zwischen verschiedenen Büchern von Dr. Albrecht Kellner und auch seinen zahlreichen Videos auf Youtube. Am Samstag war er mit einem weiteren Vortrag in der Pfingstgemeinde Glarus zu hören: "Licht für die Welt – Jeder Christ kann andere Menschen zum Glauben führen". Eine gute Ergänzung zu dem an der Wissenschaft orientierten Zugang bildete auch sein Referat Sonntag in der Kirche Schwanden: Da sprach er über seinen zunächst schwierigen Weg der Sinnsuche – vom Studium des Universums über Cannabiskonsum, transzendentale Meditation und mehr – bis er schliesslich bei der Erkenntnis und Erfahrung der allumfassenden Liebe Gottes landete. Pfarrer Peter Hofmann ergänzte diesen Ansatz mit Erkenntnissen aus den Lehren von Meister Eckhard (1260-1328), Johannes vom Kreuz Spanien (1542-1591) und Therese von Lisieux (1873-1897). Die von Martin Zimmermann an der Orgel vorgetragenen Sätze aus „Star Wars“ und von J.S. Bach umrahmten den Anlass mit ihren raumgreifenden Klängen aufs Schönste.
Ebenfalls durch Vermittlung von Pfarrer Peter Hofmann war am Samstag die Theologin Dr. Christine Reibenschuh als Referentin zu Gast am Bildungsfestival in Ennenda. Sie analysierte und thematisierte die Bedeutung des Gebets und zeigte auf, inwiefern es Ausdruck unserer Art des Glaubens (oder nicht-Glaubens) ist und auch mit welchen Tabus und Vorstellungen in unserer Gesellschaft es belegt ist. Dabei wurde die grosse Vielfalt und Kraft unterschiedlicher Arten von Gebet deutlich und wie ein fruchtbares Fliessen zwischen dem Ich, dem Beten und Handeln nicht nur der Seele des Einzelnen, sondern der ganzen Welt zum Guten dienen kann. Auch Reibenschuh hat mit „Gott, warte auf mich“, ein lesenswertes Buch geschrieben.
Text und Bilder: Swantje Kammerecker
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