«Es braucht Aufrichtigkeit und Respekt»
Sie werfen sich mit einer «Schwalbe» theatralisch ins Gras. Sie pöbeln den Schiedsrichter an. Sie provozieren ihre Mitspieler. Sie heben ständig die Hand, obwohl sie selbst den Ball ins Seitenaus gespielt haben. Und sie nehmen gar die Hand zur Hilfe, um ein Tor zu erzielen. Wir nennen es die «Hand Gottes» und erinnern uns an das denkwürdige Tor von Diego Maradona 1986 im WM-Viertelfinale gegen England. Seit dem Rückrundenstart der Schweizer Fussballmeisterschaft stehen die Fussballprofis erneut im Rampenlicht.
Offenheit und Ehrlichkeit im Umgang mit den Spielern sei sehr wichtig, betonte Fussball-TV-Experte Rolf Fringer, der nach dem Film «Das Wunder von Bern» in der reformierten Kirche Stans über Umgang und Werte im Fussball diskutierte. Er verlange Leistung von den Spielern. Als Vorbild investiere er aber für das gemeinsame Ziel genauso viel wie der Spieler. «Wer Menschen gerne hat, authentisch ist und korrekt, kann vom Gegenüber alles erhalten.»
Und was ist mit der «Hand Gottes» und den vielen Schwalben im Strafraum? «Fussball ist ein Kampf. Jedes Team will Tore schiessen und gewinnen. Der eine oder andere Trick ist daher durchaus legitim. Doch die Schwalbenkönige des Fussballs, aber auch der Wirtschaft und der Politik, werden ihre unehrlichen Machenschaften irgendwann in ihrem Leben zurückbekommen. Vielleicht nicht sofort im gleichen Spiel, aber sicher später», meinte Fringer.
Gleiche Regeln für alle
In einer Mannschaft spielen heutzutage oft Profis aus der ganzen Welt. Wie gelingt es den Trainern, Spieler unterschiedlicher Kulturen und Religionen als Einheit auf dem Platz agieren zu lassen? «Der Fussball hat den Vorteil, dass er weltweit nach denselben Regeln gespielt wird. Dies schafft eine gute Voraussetzung für das gemeinsame Ziel. Aber es braucht auch Aufrichtigkeit und Respekt», so Fringer, der als Trainer 1993 mit dem FC Aarau und 1998 mit den Grasshoppers Zürich Schweizer Fussballmeister wurde, die Schweizer Nationalmannschaft trainierte, den VfB Stuttgart und weitere Clubs im Ausland und in der Schweiz, bevor er zuletzt Sportchef beim FC Luzern war. Rolf Fringer gilt als ideenreicher, kreativer und unkonventioneller Motivator mit viel psychologischem Geschick.
Mönche in der Garderobe
Segen und Gebete im Stadion haben an manchen Orten Tradition. In Leicester City sorgen zehn buddhistische Mönche während jedes Heimspiels für gutes Karma beim englischen Meister – auch wenn es aktuell nicht so gut läuft. Vor dem Kick-off, so schreibt «The Telegraph», werden die Spieler von den Mönchen in den Garderoben aufgesucht und gesegnet. Während des Spiels meditieren die Mönche in einem eigens im Stadion eingerichteten Raum. Bis 45 Minuten vor dem Spiel meditiert dort der aus Thailand stammende Besitzer Vichai Srivaddhanaprabha. Die Auswärtsspiele hingegen übernehmen Mönche in einem Tempel in Bangkok. Einer der Mönche in Leicester sagt: «Mit Magie hat dies nichts zu tun, die Spieler erfahren viel mehr eine spirituelle Unterstützung. Anfänglich sind die Spieler skeptisch gewesen. Doch sie haben sich an uns gewöhnt und schätzen nun sehr, was wir ihnen geben.»
Ähnlich und doch anders erlebte es Rolf Fringer während seiner Trainerzeit in Griechenland, als der griechisch-orthodoxe Pfarrer auf Bitte des Clubpräsidenten in die Garderobe kam und Spieler wie Trainer segnete. «Ich bin offen für alles. Doch der Verein befand sich in einem chaotischen Zustand, hat die Saläre nicht bezahlt, Spieler geholt und wieder weggeschickt. In einem solchen Moment den Pfarrer zu holen, ist unseriös und unehrlich. Da musst du zuerst deine Sache gut machen und dann den Pfarrer holen und nicht umgekehrt.»
Schiedsrichter respektieren
Fringer ist auch für ein konsequenteres und selbstbewussteres Eingreifen der Schiedsrichter, wenn diese umringt von Spielern rüde angegangen werden. «Hüben und drüben eine rote Karte, dann verhalten sich die zwei nie wieder so zum Schiedsrichter.» Dennoch ist Fringer der Meinung, dass sich die Spieler bei ungerechten Entscheiden respektvoll bemerkbar machen sollen. Der Schiedsrichter müsse aber auch den Mut und die Grösse haben, einen Fehlentscheid zurückzunehmen oder allenfalls durch Kompensation zu korrigieren. Dazu brauche es auch den Respekt der Medien gegenüber den Schiedsrichtern, nicht jeden Fehler ins Schaufenster zu stellen und Personen anzuprangern. Fringer: «Es ist ein Spiel, es geht nicht um Leben und Tod.» Die Erfahrung zeige, dass in der Regel jenes Team, das ohnehin besser spiele und sich die besseren Chancen erarbeitet habe, durch einen Fehlentscheid bevorteilt werde. In einem Fussball-Leben gleiche sich das aus.
Kein Geld für Tore
«Leidenschaft und Fairness müssen von innen kommen und nicht von aussen mit Geld fehlgeleitet werden», betont Leadership-Autor Reinhard K. Sprenger und ergänzt: «Wohin die Überbewertung von Leistung durch individuelle Bonuszahlungen führt, zeigen uns die Banken nur zu gut vor. Wenn schon Bonus, dann Teambonus.»
Geld für Tore bringen ein Team in der Tat nicht weiter. Es mag rührend klingen, wenn der FC Luzern-Stürmer Marco Schneuwly von seiner Grossmutter fünf Franken für jedes Tor erhält. Doch die Auswirkungen monetärer Anreize sind gerade bei Kindern grotesk: Als ein Vater in einem Nidwaldner Fussballclub seinem Sohn versprach, er erhalte pro Tor fünf Franken und für den Sieg seines Teams zwei Franken, wars passiert. Der Sohn gab den Ball nicht mehr ab, passte nicht mehr und wollte nur noch eines – sein Tor schiessen und abkassieren.
Thomas Vaszary / Kirchenbote / 10. Februar 2017
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
«Es braucht Aufrichtigkeit und Respekt»