«Eine Situation im Berufsleben, in der Mut gebraucht wurde.»
Von Pfarrer Johannes Geitz, Mollis-Näfels
Vor meinem Start im Pfarramt war ich über dreissig Jahre als Informatiker tätig und diese berufliche Reise verlief nicht immer ruckelfrei. 2013 war ich IT-Teamleiter in der Textilindustrie. Ich kam eines Morgens ins Büro, nachdem ich am Vorabend, wie so oft zuvor, eine Extra-Schicht eingelegt hatte. Der Chef bat mich zu einer Unterredung ins Personalbüro, wo man mir eröffnete, dass ich im Zuge eines Stellenabbaus meinen Job verliere. Hier stand ich nun, mit circa Mitte 50 ohne Job, und in einer beruflichen Sackgasse – denn in der Textilindustrie würde ich nicht mehr unterkommen. Die Firma bot mir eine Outplacement-Beratung an. Bis zur Höhe eines Monatsgehalts könnte ich also nun bei der beruflichen Neuorientierung und der Stellensuche die Hilfe eines Personal-Spezialisten in Anspruch nehmen.
Eigentlich wusste ich aber, was ich wollte: in die Bankinformatik, wo ich bereits zuvor tätig gewesen war. Nur – würde ich dort mit meinem Alter eingestellt? Welche Arbeitgeberin engagiert einen angegrauten Informatiker, bei dem höhere Sozialleistungen anfallen, als bei einer jüngeren Kraft, die vielleicht auch schneller lernt?
Ich fing an zu beten und mich mit Freunden zu beraten. Die zweite Ressource war in diesem Fall bald erschöpft, aber beim Beten wuchs der Glaube, dass Gott einen guten Platz für mich hat. Mit dieser Erwartung reifte auch ein Entschluss: Ich würde Kurse in Bankinformatik besuchen und meine aktuelle Arbeitgeberin bitten, diese Kosten anstelle des Outplacements zu übernehmen. Allerdings fragte ich mich, ob es nicht arrogant sei, anzunehmen, ich könnte auf ein Outplacement verzichten.
Nachdem mein Entschluss gefallen und der Firmenleitung mitgeteilt war, kam von dort erstaunlicherweise eine rasche Zustimmung. Auch die Kurse waren schnell gebucht, weniger schnell war dann ein neuer Job gefunden. Dennoch hatte ich drei Wochen vor Ablauf der Kündigungsfrist die Zusage einer Bank für einen passenden Job und musste mich nicht einmal arbeitslos melden.
Mir ist bewusst, dass in einer ähnlichen Situation auch andere Entscheidungen richtig sein können, aber mein Alltagsglaube wurde durch diese Erfahrung gestärkt. Am neuen Arbeitsort warteten dann nochmals einige gute Jahre auf mich.
- Fortsetzung folgt -
«Eine Situation im Berufsleben, in der Mut gebraucht wurde.»