Eine Kirche zum Beten und zum Tanzen
Die Offene Kirche Elisabethen hat viele Gesichter, die sich von einem Moment auf den nächsten wandeln können. Wo gerade noch in andachtsvoller Stille jemandem segnend die Hand aufgelegt wurde, klatschen auf einmal dieselben Hände im Rhythmus zu einer Liveband. Hier finden queere Partys statt, hier trifft man sich zum Kaffee und feiert Gottesdienst – immer wieder auch mit Haustieren! In der OKE pulsiert ein Leben, das vielen anderen Kirchen zu entweichen droht.
Gotteshaus und Menschenhaus
Die OKE heisst alle Menschen willkommen, unabhängig von ihrer Religion, ihrer Sexualität oder ihrer Herkunft. Sie ist Gotteshaus und Menschenhaus, ist Eventraum und Veranstaltungskirche. «Es ist eine -Kirche, in der man beten und tanzen kann», sagt Frank Lorenz. Der Leiter der OKE zitiert damit eine ehemalige Arbeitskollegin und ergänzt: «Sie ist ein Safe Space, aber auch ein Joy Space. Die OKE bietet den Menschen in dieser Stadt ein temporäres Daheim für Körper und Seele.»
Frank Lorenz ist selber Regenbogenpfarrer, und zwar der erste in der Schweiz. Er versteht die Erfahrungen und Herausforderungen vieler Menschen darum gut und weiss, wie wichtig ein sicherer Raum ist, in dem man auch Freude erleben darf. Lorenz leitet die OKE seit 2014. Ursprünglich ausgebildeter Journalist und Rettungssanitäter mit einem Master in Business Administration, begab sich Lorenz auf viertem Ausbildungsweg in die Theologie. Eigentlich, findet er, sei er damit gar nicht so weit entfernt vom Sanitäter: «Der Arzt bietet ein Medikament gegen Schmerzen. Ich biete als Seelsorger ein Medikament gegen den Tod.»
Alte Botschaft in neuem Gewand
Die OKE schafft einen Raum, der alle willkommen heisst. Keine einfache Aufgabe in einer Gesellschaft, die sich ständig wandelt. Für Lorenz ist die Offene Kirche mehr als ein Ort des Glaubens: Sie ist ein Raum für Begegnungen, für Heilung und für das Erleben von Gemeinschaft.
Die OKE reagiert schnell auf gesellschaftliche Bedürfnisse, bietet Raum für unterschiedliche Lebensrealitäten und schafft Begegnungen, die sonst selten stattfinden. So bringt sie mit dem Format «Basel im Gespräch» aktuelle Fragestellungen in die Kirche und schafft damit eine einzigartige Schnittstelle zwischen Glauben und Stadtleben. Die OKE unterscheidet sich damit bewusst von einer traditionellen Landkirche. «Uns geht es um die Frage: Wie kann man die alte Botschaft immer neu verkünden?», sagt Lorenz. Das hat die OKE mit anderen Kirchen landauf, landab gemeinsam. «Glauben heisst nicht nur, Hände falten und fromme Sachen sagen», erklärt er. «Glauben ist der Gegenentwurf zu Angst.»
Ein Raum für Stille und für Dialog
Vielen Kirchen fehlt eine stabile Gemeinschaft, die regelmässig zu Gottesdiensten kommt. Immer weniger Leute zahlen Kirchensteuern, die Gesellschaft wendet sich zunehmend von der Institution Kirche ab. Dieser Prozess schafft aber auch ein Vakuum. Religion und Kirche werden nicht ersetzt, aber der Wunsch nach Sinn und Spiritualität nimmt in den Menschen nicht ab.
In dieser Lücke positioniert sich die OKE. Sie passt sich den städtischen Dynamiken an und bietet zugleich nur einen Raum der Stille und Besinnung sowie eine Plattform für den offenen Dialog über soziale, ethische und spirituelle Fragen. «Wir versuchen, nicht religiös von Gott zu reden», sagt Frank Lorenz. Die Menschen, die die OKE besuchen, sollen Gott ohne, wie er es nennt, «kirchlich vergiftete Wörter» erleben. «Die OKE ist die offene Kirche für alle, die ihre Biografie und ihre Identität nicht an der Garderobe bei der Kirchentüre aufhängen», erklärt Lorenz, «sondern die ganz Mensch sind mit ihren schönen und schweren Seiten.»
Fokus Stadt und Land
Zwischen Alphorn und Yogamatte
Seit Jahren bewirtschaftet die Politik den Stadt-Land-Graben. Der Fokus Stadt und Land geht der Frage nach, ob es diesen Graben auch in der reformierten Kirche gibt. Ticken die Gläubigen im Münstertal anders als jene in Schwamendingen? Steht die Kirche auf dem Land noch im Dorf? Und wie funktioniert Kirche in der Stadt?
Eine Kirche zum Beten und zum Tanzen