News von der Glarner reformierten Landeskirche

Ein Herz für schräge Tannen

min
26.11.2019
Krumme Weihnachtsbäume und mobiler Adventskranz. Der Verein für Sozialpsychiatrie Baselland verkauft «hässliche» Weihnachtsbäume und setzt damit ein Zeichen gegen die Perfektionierung der Natur und des Weihnachtsfests.

Strahlend, festlich geschmückt und kerzengerade wie ein preussischer Soldat, so stehen die Weihnachtsbäume seit vier Jahrhunderten in der bürgerlichen Stube. Doch jetzt erobern die krummen Bäume die Wohnzimmer. Der Verein für Sozialpsychiatrie Baselland VSP dreht den Spiess um. Er verkauft nur «schräge» Tannen und setzt so ein Zeichen gegen den Perfektionismus in unserer Gesellschaft.

Die Bäume stammen aus dem eigenen Waldstück, dem «Wyydezentrum Passwang» im solothurnischen Büsserach. Manche sind krumm, vorne zu buschig, andere sind hinten kahl oder haben drei Spitzen, keiner ist perfekt, sondern auf seine Art originell. Der VSP rief das Projekt letztes Jahr ins Leben, und es fand sich Kundschaft. Der Verein verkaufte rund 60 Bäume. Damit war die Aktion so erfolgreich, dass der VSP sie dieses Jahr wiederholt.

In Zeiten des Klimawandels würden die Probleme der Natur vielen bewusst, meint Jan Pistorius, Leiter Gartenunterhalt des VSP. «Es entspricht dem Zeitgeist, dass viele Leute natürlich gewachsene Tännchen den geraden, gezüchteten vorziehen. Sie wollen weg vom Perfekten und der Natur ihre Launen lassen.»

Ohne schlechtes Gewissen
Die krummen Bäumchen wuchsen, weil die Baumschule vernachlässigt war, bevor sie in den Besitz des VSP kam. Der Verein bietet Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen Tagesstrukturen, Wohnmöglichkeiten und Arbeit. Zusammen mit ihnen hat er begonnen, das Land zu renaturieren und insbesondere einheimische Weidenarten anzupflanzen. «Die Tännchen werden also nicht extra für Weihnachten gefällt. Wer eines kauft, muss kein schlechtes Gewissen haben», betont Jan Pistorius. Man unterstütze damit ein sinnvolles regionales Projekt.

Pistorius sieht in den unvollkommenen Tannen durchaus Parallelen zu den Menschen. «Jeder ist anders. Und die Menschen, die wir begleiten, entsprechen nicht der gesellschaftlichen Norm.» Wie die Bäumchen, die lange sich selber überlassen waren und härter ums Licht kämpfen mussten, damit sie überleben konnten, hätten es manche Menschen im Leben schwerer als andere. 

«Adventskranz To Go»
Mit ihrem «Adventskranz To Go» setzen auch die Diakonissen in Riehen ein Zeichen – gegen die Hektik in der mobilen Gesellschaft. Eine viereckige Box verwandelt sich in einen Adventskranz samt Kerzen, wenn man den Deckel abhebt. Angezündet lädt er zu einem kurzen Moment der Stille und Einkehr ein, egal ob im Hotelzimmer, beim Meeting in der Konzernleitung oder in der guten Stube. Nach Gebrauch packt man ihn ein, bis man ihn am nächsten Ort wieder aufstellt. Die Idee dafür hat Schwester Karin Müller auf Pinterest gefunden. «Ich habe etwas Lustiges und zugleich Besinnliches für unser Kloster-Lädeli gesucht», sagt sie. Mit dem «Adventskranz To Go» kann man sich im geschäftigen Advent ohne grossen Aufwand eine besinnliche Auszeit gönnen.

Karin Müller, Kirchenbote online, 26. November 2019

Unsere Empfehlungen

Kunstwerke als Botschafter eines bedrängten Landes

Kunstwerke als Botschafter eines bedrängten Landes

Die Ukraine kämpft um ihr Überleben. Auch die Kunst des Landes leistet ihren Beitrag dazu. Das Kunstmuseum Basel präsentiert derzeit in der Ausstellung «Born in Ukraine» eine Auswahl bedeutender Werke aus der Kyjiwer Gemäldegalerie, dem nationalen ukrainischen Kunstmuseum.
Frauen mit einem abenteuerlichen Herzen

Frauen mit einem abenteuerlichen Herzen

170 Jahre nach der Gründung des Diakonissenhauses Riehen beleuchtet eine Ausstellung mit Fotos und Texten die Geschichte der Kommunität. Sr. Delia Klingler lebt seit 2017 als Schwester hier. Der Kirchenbote hat mit ihr die Ausstellung besucht.
Wenn der Glaube einem die Schuhe auszieht

Wenn der Glaube einem die Schuhe auszieht

Die Passionszeit ist traditionell die Zeit des Fastens und der Meditation. Der Journalist Stefan Degen hat «ein Sitzen in der Stille» in einer Kirche besucht und festgestellt, wie frei die Gedanken schweifen. Bericht eines Selbstversuchs.