News von der Glarner reformierten Landeskirche

Ein Barockgarten wie im Märchen

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12.07.2019
Ursprünglich repräsentierte der Pfarrgarten in Oltingen BL den Wohlstand der Kirche. Dann versank er jahrzehntelang in den Dornröschenschlaf. Heute erstrahlt er in alter Pracht und steht der Bevölkerung offen.

Über dem Baselbieter Dorf Oltingen gibt die spätmittelalterliche Kirche St. Nikolaus zusammen mit dem Pfarrhaus seit jeher ein imposantes Bild ab. Die Anlage mit Beinhaus, Kirchhof und Zehntenscheune gehört zu den geschützten Schweizer Kulturdenkmälern. Der Pfarrgarten hingegen schien nichts Besonderes, eine Wiese, ein paar Bäume. Bis man 2008 auf alte Zeichnungen stiess, die eine spätbarocke Gartenanlage zeigten. Der Plan, dem historischen Pfarrgarten wieder zu neuem Glanz zu verhelfen, war geboren.

«Zerbrechliches Kulturgut»
Wie alt der Garten genau ist und wie er wirklich ausgesehen hat, könne man nicht sagen, erklärt die kantonale Denkmalpflegerin Brigitte Frei-Heitz. «Gärten sind ein sehr zerbrechliches Kulturgut.» Auch der Oltinger Pfarrgarten war in seiner ursprünglichen Form vor langer Zeit aufgegeben und zerstört worden. Aufgrund von überlieferten Beschreibungen aus vier Jahrhunderten – unter anderem Zeichnungen aus der Zeit um 1680 und von Emanuel Büchel aus dem Jahr 1756 – und archäologischen Bodenuntersuchungen hat man den Garten vor zehn Jahren neu angelegt und die charakteristischen historischen Stilelemente übernommen.

«Man geht davon aus, dass grössere Pfarrhäuser oft über einen Garten verfügten. Einerseits für den Anbau von Gemüse und Blumen, andererseits zu Repräsentationszwecken. Das erkennt man an den aufwendig angelegten Wegen und Pavillons», sagt Brigitte Frei. Im historischen Garten in Oltingen gab es ausserdem einen Fischweiher. Dies ist gemäss der Baselbieter Denkmalpflegerin ziemlich einzigartig und zeugt vom grossen Wohlstand der damaligen Pfarrei. Der Fischweiher fehlt in der heutigen Anlage. Aus finanziellen Gründen musste man darauf verzichten.

Der Pfarrer gärtnert nicht mehr
Vorbei sind auch die Zeiten, als Bedienstete, die Pfarrfrau oder der Pfarrer selber den weitläufigen Garten pflegten. Für Pfarrerinnen und Pfarrer, die keinen grünen Daumen haben, sind solche Gärten heute mehr Last als Lust. Pfarrer Christian Bühler, der als erster nicht mehr im Oltinger Pfarrhaus wohnt, findet es darum gut, dass die Anlage seit der Neugestaltung öffentlich zugänglich ist. Über die Benützung, Veranstaltungen oder Kunstausstellungen, wacht die Pfarrgartenkommission.

Im Frühjahr 2010 weihte Oltingen den neuen Garten ein. Er ist wie früher wieder zweigeteilt. Der eine Teil dient weiterhin als Obstgarten. Der andere ist wie ein klassischer Park in Blumenbeete und Wege getrennt. Sitzbänke laden zum Verweilen ein. Drei Pavillons rahmen die Anlage, in der Mitte plätschert ein Springbrunnen. Gemeindepfarrer Christian Bühler sieht den Park als Erweiterung des Kirchenraums: «Der Garten hat seinen eigenen Wert. Durch die Gestaltung strahlt er eine gewisse Würde aus und wirkt wie ein kirchlicher Ort. Am Sonntag lebt die Kirche nach dem Gottesdienst draussen weiter. Die Leute fühlen sich wohl.» Bei schönem Wetter wird hier der Kirchenkaffee ausgeschenkt und der Hochzeitsapéro genossen. Zudem sei der Garten ein Ort, an dem man etwas gestalten könne, etwa mit Kindern und Jugendlichen, sagt Bühler.

Der Garten wird rollstuhlgängig
Der Garten gehört wie das gesamte Kirchenensemble der Stiftung Kirchengut Baselland. Den Unterhalt teilt die Kirchgemeinde Oltingen-Wenslingen-Anwil mit den drei politischen Gemeinden. Die Wenslinger Firma Buess Gartenbau, die vor zehn Jahren an der Umgestaltung beteiligt war, ist bis heute für die Pflege zuständig. Der damalige Geschäftsführer Samuel Buess, Mitglied in der Kirchenpflege Oltingen, freut sich über den neuen Garten im historischen Kleid. Das Projekt sei eine besondere Herausforderung gewesen, erinnert er sich: «Alle mussten zusammenarbeiten, die Kirchenpflege, die Gemeinden, die Denkmalpflege, der Landschaftsarchitekt, der Gartenbaubetrieb. Das war bedeutend aufwendiger, als einen Einfamilienhaus-Garten anzulegen.» Zudem brauchte es Fachleute, etwa um die historische Mauer auszubessern. Aktuell plant man, den Garten rollstuhlgängig zu machen.

Karin Müller, kirchenbote-online, 12. Juli 2019 / Bilder: Zuber 

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