News von der Glarner reformierten Landeskirche

Denkpause zum 1. Februar 2025

von Pfarrer Immanuel Nufer
min
03.02.2025
In Bälde stimmen wir über eine weitere Initiative ab, welche unsere Umwelt und unser Wirtschaften zum Gegenstand hat. Auch wenn die Initiative wohl chancenlos bleibt, greift sie noch ein Thema auf, das die breite Bevölkerung schon länger bewegt: Betreiben wir nicht Raubbau an unserer Umwelt?

Die Kritik richtet sich vor allem an die westliche Gesellschaft, die seit jeher viel mehr Ressourcen verbraucht als andere Länder. Unter Intellektuellen wird mitunter sogar eine Kritik an der jüdisch-christlichen Prägung der westlichen Welt in diese Thematik eingepackt. Es sei das biblische Schöpfungsgebot an die Menschen (Genesis 1,26.28), die Erde zu beherrschen und untertan zu machen, welches dieses ausbeuterische und zerstörerische Verhalten westlicher Länder der Natur gegenüber gefördert habe.

Dazu ist zu sagen, dass die Ausbeutung der Natur nicht bloss ein westliches Phänomen ist, sondern faktisch eine Konstante der Menschheitsgeschichte. Schon die Seevölker im Mittelmeerraum rasierten lange vor den Römern ihre Inseln kahl in ihrem unersättlichen Hunger nach Holz für ihren Schiffsbau - der Grundlage ihres Seehandels. Noch heute spüren wir die Folgen davon, wenn wir auf einer der vielen schönen griechischen Inseln vergeblich den Schatten eines Baumes suchen.

Zum anderen lässt sich beobachten, dass es vor allem in westlichen Ländern (insbesondere protestantischen) starke Umweltvorschriften gibt, die auch umgesetzt werden. Der Ursprung moderner Umweltverbände liegt in der westlichen Welt selbst und nirgendwo können sie derart frei und radikal ihre Anliegen vertreten. Hat vielleicht nicht auch die Umweltbewegung ihre Wurzeln in der jüdisch-christlichen Kultur? Die Frage ist ja, was die Bibel, insbesondere der Schöpfungsbericht, wirklich über dieses Thema sagt und nicht, was wir meinen, ihr unterstellen zu können, weil wir unsere christlich geprägte Kultur kritisieren.

Die beiden Begriffe Herrschen und Untertan-Machen, welche in Genesis gebraucht werden, haben nichts mit der negativen Ausbeutung der Natur zu tun, wie wir sie heute sehen. Damit wird lediglich gesagt, dass Gott den Menschen die Verantwortung über die Erde gibt. Sie sollen über Pflanzen und Tiere herrschen. Aber als gute Herrscher, weil es ja Gottes Schöpfung ist. Wie diese Verantwortung genau zu verstehen ist, erfahren wir, wenn wir den ganzen Schöpfungsbericht lesen. In Genesis 2 (Verse 8 und 15) heisst es weiter:

«Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden [...] und nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.»

Niemand pflanzt einen Garten, um ihn verwildern zu lassen. Auch beutet niemand seinen eigenen Garten aus, so dass weniger nachwächst als zuvor. Man möchte sich in seinem Garten ausruhen können und seine Früchte geniessen. Deswegen pflegt und hegt man ihn. Der obige Vers bringt genau diese Haltung zum Ausdruck. Das Wortpaar bebauen und bewahren kann auch mit dienen und beschützen übersetzt werden. Der Mensch hat nicht bloss das Recht, von den Früchten des Gartens zu essen, er ist auch verantwortlich dafür, dass es dem Garten (d.h. der Erde) gut geht.

Der Schöpfungsauftrag scheint auch das Vorbild für den Priesterdienst im Volke Israel gewesen zu sein. Das obige Wortpaar wird in der Bibel ansonsten nur noch für diesen Priesterdienst gebraucht. Die Priester in der Bibel hatten die Aufgabe, den Tempel zu beschützen und Gott zu dienen. Der Schöpfungsauftrag ist im Grunde genommen ein Priesterdienst. Wir sollen der Erde dienen und sie beschützen. Damit ehren wir Gott. Nichts von Ausbeutung, nichts von Raubbau. Es lohnt sich, die Bibel genau zu lesen.

Erschienen am 1.2.2025 in den Glarner Nachrichten
Bild: Swantje Kammerecker

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