News von der Glarner reformierten Landeskirche

Denkpause vom 29.März 2025

von Beat E. Wüthrich
2 min
28.03.2025
Wir wissen es als kleine Kinder schon und die, welche später Eltern werden, lernen es erneut wieder und alle Grosseltern werden immer daran erinnert und in jedem Kinderhort, in jeder Schule wissen es alle. Was denn? Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit.

Von Pfarrer Beat E. Wüthrich

Viele unter uns könnten davon Bücher schreiben. Als Vater von 6 Kindern und 5 Enkelkindern hätte ich auch einiges Schreibmaterial in Reserve. Wenn dem Bruder, der Schwester, klein oder grösser, das Spielzeug, die Farbstifte, das Lieblingskissen, die farbige Bettdecke ungerechterweise entwendet werden, flieht der Hausfrieden mit grossen Schritten und der Schrei nach Gerechtigkeit widersteht allen Beschwichtigungsversuchen. Mittagsschläfchen ade! Wenn sich auch nur die kleinste, gefühlte oder tatsächliche Ungerechtigkeit in die Familie schleicht gibt es keinen Frieden mehr. Dann bleibt der Faulheit und der Arroganz vielleicht noch gerade mal das lautstarke Machtwort übrig, das den Beteiligten die Sprache verschlägt. Aber Schweigen und Frieden ist nicht das Gleiche.

Jeder Mensch hat das irgendwann einmal gelernt und doch haben viele es vergessen. Sie brüllen Machtwörter in die Welt hinein und meinen, es gäbe Frieden, oder zumindest einen Nobelpreis. Die alten biblischen Propheten haben es oft wiederholt: „Sie schreien Frieden, Frieden, wo doch kein Friede ist“. Weil Friede ausschliesslich nur auf dem Boden der Gerechtigkeit wachsen kann.

Sind nicht deshalb die prophetischen Friedensbilder der meisten Religionen, die über unsere Weltzeit hinausreichen, immer auf Gerechtigkeit gegründet? „Er wird Recht schaffen den Lebenden und den Toten“, sagen wir in unserem Glaubensbekenntnis und der jüdische Prophet Jesaja sieht es so: „Nirgendwo wird man Böses oder Zerstörerisches tun auf meinem heiligen Berg“ und „das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein und der Ertrag der Gerechtigkeit Ruhe und Sicherheit auf ewig.“ Um nur einige der unzähligen Texte zu nennen, die Frieden auf Gerechtigkeit gründen.

Ich meine, das werden wir Menschen wohl nicht hinkriegen. Schon gar nicht in 24 Stunden. Auf jeden Fall nicht ohne Hilfe von einer anderen Seite her. Darum sind die Glaubensbekenntnisse gar nicht so gestrig, sondern ganz einfach realistisch.

Trotzdem können wir Arbeiter des Friedens sein. Dann dürfen wir aber nicht Gerechtigkeit opfern. Feigheit (auch wenn sie uns politisch und gesellschaftlich auf tausend Weisen erklärt wird und uns Vorteile zu verschaffen scheint) hat noch nie Frieden produziert; vielleicht eben gerade mal Schweigen... Aber das dauert nie.

Auf der anderen Seite ist jedes kleinste gutwillige Werk schon ein brauchbarer Baustein des Friedens. Wenn wir einstehen für Gerechtigkeit, anstatt aus Angst oder Bequemlichkeit uns zu verkriechen, wenn wir teilen mit denen die nichts haben, dem Hungrigen zu Brot und dem Wehrlosen zu Recht verhelfen, weil alles andere eine schreiende Ungerechtigkeit ist, dann arbeiten wir an einem Bauwerk des Friedens, das uns einst, wegen und trotz all unserer Arbeit in seiner schlussendlichen Fassung geschenkt wird. Kein Preis, sondern ein Geschenk, das man nicht besitzt, weil man es nicht selber gemacht hat, sondern das man erhält, weil man es sich von ganzem Herzen gewünscht hat.

Bild: Jayne Wüthrich

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