Denkpause
Es ist nicht verwunderlich, dass gerade jetzt viele Menschen eine tiefe Sehnsucht spüren – nach Geborgenheit, nach Ruhe, nach Frieden, nach Begegnungen, nach dem, was wirklich zählt. Vielleicht erinnern wir uns in diesen Tagen an längst vergangene Kindheitsweihnachten, an den Duft von Zimt und Tannenzweigen, an das Gefühl der Vorfreude, als die Welt noch voller Geheimnisse war.
Damit die dunklen Tage und langen Abende auch in unserer Zeit ihren ganz besonderen Zauber entfalten können, ist es ratsam, Handy, Fernseher und Co mal für eine Weile auf die Seite zu legen.
Wer es sich gewöhnt ist, dauernd etwas zu tun oder ständig Informationen in sich hineinzuziehen, wird das «Nichtstun» vielleicht erst einmal langweilig finden. Doch genau das ist der Schlüssel, um zur Ruhe zu kommen und die Geheimnisse dieser Zeit zu entdecken: Die Langeweile willkommen heissen!
Die Kerzen, die ihr warmes Licht verbreiten und eine wohlige Atmosphäre in unseren Stuben zaubern sowie weihnächtliche Klänge helfen uns dabei, die Unruhe setzen zu lassen.
Das Licht der ersten Kerze am Adventskranz ist ein Licht der Hoffnung, das sagt: Nimm dir Zeit, bei dir selbst anzukommen! Spüre dein eigenes inneres Licht und sei schlicht! Erlaube dir, einfach da zu sein und zu atmen. Dein Adventsweg wird sich vor dir entfalten. Begrüsse ihn, bleibe offen und entdecke die Stille als kostbares Geschenk.
Wir brauchen diese ruhigen Momente, in denen wir zu uns selbst finden können, in denen wir die tieferen Schichten unseres Seins berühren. Vielleicht sitzt man an einem dieser Abende am Fenster, sieht die Schneeflocken tanzen und hört nur das sanfte Knistern des Kaminfeuers. Es ist eine Zeit, die Herzen weit zu machen für das, was kommen mag.
Doch Advent ist nicht nur Rückzug, er ist auch Begegnung. In den warmen Stuben, im Licht der Kerzen, finden wir Zeit füreinander. Ein einfaches Gespräch, ein gemeinsames Lied oder ein Lächeln können in dieser Zeit eine besondere Tiefe haben. Es sind diese Begegnungen, die die Adventszeit so besonders machen. Wenn wir uns in diesen Tagen Zeit füreinander nehmen, einander zuhören und ein Stück des eigenen Lebens teilen, wird aus der Sehnsucht eine greifbare Wirklichkeit. Dann spüren wir, dass wir in all der Dunkelheit nicht allein sind, dass das Licht der Hoffnung für jeden von uns leuchtet.
So wünschen wir uns vielleicht nichts mehr, als dass dieser erste Advent uns einlädt, dem Alltag zu entfliehen und in der Stille das Licht der Hoffnung neu zu entdecken. Ein Licht, das uns durch die dunklen Tage trägt, ein Licht, das uns verbindet und uns daran erinnert, dass das Beste oft im Kleinen und Einfachen zu finden ist.
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit!
Iris Lustenberger, Pfarrerin in Ennenda
Denkpause, erschienen am 30.11.2024 in den Glarner Nachrichten
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