Bist Du ein Kirchenglied oder ein Kirchenmitglied?
Von Pfarrerin Manja Pietzcker, Grosstal
Auf den ersten Blick ist das vielleicht eine sehr haarspalterische Frage. Sie kam letztens im Pfarramtsbüro auf, als um die richtige Anrede in einem Brief gestritten wurde, der allen zugesandt werden sollte, die aktuell zu unserer Gemeinde gehören. Mitglied ist sachlich und formaljuristisch sicherlich korrekt. Theologisch aber trifft es den Kern nicht. Es geht genau genommen an dem, was jeder Einzelne für die Kirchgemeinde ist, geradezu vorbei. Denn natürlich sind alle, die wir in der sogenannten Kirchendatei haben, Angehörige einer Organisation - unserer Kirchgemeinde eben. Und zwar unter anderem dadurch, dass sie ihre Kirchensteuern - also den Mitgliedsbeitrag - zahlen. Aber das Geld definiert gar nicht, wer alles zu unserer Kirchgemeinde gehört (auch wenn wir die Kirchensteuern für unsere Arbeit dringend brauchen).
«Ihr aber seid der Leib Christi»
Denn jedes Kind, das getauft wird, wird durch diese Segenshandlung zum «Glied der weltumspannenden christlichen Kirche». Und das ist auch nicht rückgängig zu machen! Aus der Gemeinschaft der Getauften kann man gar nicht wieder austreten! Darum wird dieses Kind da am Taufstein eben auch nicht einfach Mitglied einer Organisation, sondern es wird «Glied des Leibes Christi». So schreibt es Paulus im 1. Korintherbrief (1. Kor 12,27): «Ihr aber seid der Leib Christi und jeder Einzelne ist ein Glied an ihm.» Wir gehören zum Leib Christi, sind Glied seiner Kirche, weil wir in der Taufe durch seinen Segen verbunden wurden mit ihm und mit allen Christen dieser Welt. Wir sind Glieder eines Leibes. Und so wie Paulus schreibt, funktioniert der Leib nur, wenn jeder Teil beiträgt zum Leben des Leibes als Ganzem.
Jede und jeder wird gebraucht
Keiner kann ohne den anderen zurechtkommen, jeder wird gebraucht. Jeder von uns hat ganz eigene Stärken, die für das Ganze wichtig sind. Unsere Gemeinschaft ist ein lebendiger Leib, der als große, einmalige Einheit das Glaubensleben, im Geiste Jesu, gestaltet. Wir sind füreinander da, freuen uns miteinander und leiden mit, wenn ein Teil leidet. Wir können auf kein Glied verzichten. Und damit ist eben überhaupt nicht in erster Linie die Kirchensteuer gemeint. Sondern dass alle ihren kreativen, lebendigen Anteil beitragen. Im Glaubensleben, im Gemeindeleben. Durch aktive Teilnahme, Anteilnahme, im gemeinsamen Beten und Tun. Die altmodische Bezeichung «Kirchenglied» streicht genau diesen Unterschied im Blick auf die Menschen heraus, die mit uns gemeinsam Kirche sind - als Glieder des Leibes Christi.
Bist Du ein Kirchenglied oder ein Kirchenmitglied?