News von der Glarner reformierten Landeskirche

Abschied und Ernte

von Pfarrer Beat E. Wüthrich
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30.05.2023
Pfarrer Beat Wüthrich schreibt in der #denkpause darüber, wie die Kinder gross werden - und eben das nicht mehr sind: Kinder. Über die Freude und die Wehmut, das Begleiten der Kinder und das Loslassen sinniert er in einem berührenden Text.

Wir wissen es alle, wer ernten will muss säen. Geben kommt vor dem Erhalten, Lassen vor dem Empfangen. So sagt es auch die christliche Glaubenstradition und der "Beistand" von Oben, Gottes Geist, feiern wir an Pfingsten nur weil der Herr uns zuvor verlassen hat: "Es ist gut für euch, dass ich fortgehe." sagte Jesus, "Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden."

So ist unser Leben, wie es scheint, geprägt von Geben, Lassen, Abschiednehmen, Säen. Kürzlich, am Palmsonntag, haben das viele Eltern in unseren Kirchen wieder ganz konkret und zeremoniell erfahren: Schon sind sie konfirmiert, die Kinder! Die 15, 16 Jahre in denen wir sie betreut haben, sind so schnell vergangen! Gestern noch spielten sie auf dem Stubenteppich, mit Spielzeugtraktörli, Holzchüeli und Plastikbäbi und heute stehen sie da, "putzt und gstrählt" in einer vollen Kirche und leuchtend wie ein Entdeckerteam kurz vor einer Reise ins Unbekannte.

Wir lassen sie ziehen, sie entgleiten uns und wir stellen fest, mit etwas Ernüchterung, sie gehören uns nicht. Wir sind eigentlich nur das Bahnhofpersonal. Wir haben sie empfangen auf dem Bahnhof dieser Welt, wir haben sie begleitet für eine Zeit, ihnen den Weg erklärt, ihnen ein gültiges Ticket gegeben, nur damit sie auf dem nächsten Zug wieder weiterziehen. "Mach's guet! Pass uf! Tue nid zum Fänster uselehnä, häb sorg, vergiss ds Göfferli nid, gang nid mit jedem Löli! und... bhütdi Gott!"Und schon sind sie... weit weg! Und wir stehen noch auf dem Perron, oder sitzen auf der Holzbank in der Kirche, mit zwei glitzernden Perlen auf den Wangen... eine für die Freude, eine für die Wehmut. Und auch wenn sie, unsere lieben Kinder, im Tal, im Kanton bleiben sollten, so ziehen sie doch auf viele Arten weiter.

Und wohin gehen sie? In die Zukunft! In eine Zukunft die nicht immer nur schön und lieb sein wird. Grosse Gefahren gibt es, abtrünnige Menschen die es nicht ertragen das andere glücklich sind und in Frieden leben. Aber unsere Jugendlichen gehen trotzdem. Dorthin wo sie plötzlich selber wichtige Entscheidungen treffen müssen. Sie gehen dorthin wo man mutig und unerschrocken sein muss. Sie gehen aber nicht allein, denn der Beistand von Oben, den wir an Pfingsten feiern, begleitet sie, der Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Wegen ihnen und ihrem Auszug, gibt es Pfingsten.

Und wir, wir lassen sie, wir geben sie der Welt, der Menschheit und Gott. Wir "säen" sie. Und unsere Ernte ist die Tatsache, dass wir keine Angst mehr haben vor der Zukunft.

Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung. Jeremia 29,11

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