News von der Glarner reformierten Landeskirche

Neue Sterbekultur dank Corona?

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21.09.2021
Pfarrer Peter Hofmann aus Schwanden schreibt über das Sterben in Corona-Zeiten. Die Kunst des Sterbens und damit der Gedanke an die eigene Vergänglichkeit finden wieder den Weg in die Gesellschaft.

In unserer Kultur lernen wir in erster Linie das Siegen, darum fällt es uns schwer, mit dem Tod umzugehen. So lautet ein Diktum von Dorothee Sölle (1929-2003). Präziser könnte die Diagnose auch für unsere Zeit nicht ausfallen. Und tatsächlich wurde ich schon vor Corona in unzähligen Trauergesprächen den Verdacht nicht los, dass zu wenig über das eigene Sterben nachgedacht und sich darüber ausgetauscht wird. 

 

«Der Tod ist allgegenwärtig. Trotzdem reden wir ungern darüber», der dies ebenso beobachtet ist der Palliativmediziner Roland Kunz. Der Leiter der Palliativ Care der Zürcher Spitäler Waid und Triemli plädiert in einem Radiointerview mit SRF von anfangs Jahr ruhig und klar für einen offenen Umgang mit dem Thema Sterben. Und er nimmt die Angst vor einem schlimmen Krankheitsverlauf: «Die Erfahrungen in den Heimen zeigen, dass das Sterben an und mit Covid-19 für die Betroffenen relativ leicht und friedlich ist. Die Organe versagen ihren Dienst, meist bevor es zu den Auswirkungen der Lungenentzündung und zu Atemnot kommt.»

 

Vom Schweizer Mystiker Bruder Klaus (1417-1487) ist der weise Satz überliefert: «Wer nicht stirbt, eh er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt». Für frühere Generationen war der Tod noch viel natürlicher präsent. Es gab weder eine lebensverlängernde Spitzenmedizin noch assistierte Suizide, dafür übte man sich in der Kunst des Sterbens (ars moriendi). Das ist heute wieder möglich. Dafür müssen wir aber die «heiklen» Fragen stellen, uns selbst und anderen. 

 

Für den Palliativmediziner ist die aktuelle Pandemie die moderne Form eines «Memento mori» - eine Erinnerung an die eigene Vergänglichkeit. Und Kunz stellt in Aussicht: «Vielleicht entwickelt sich dank Corona eine neue Sterbekultur, in der mehr über den Tod nachgedacht und bewusster mit der eigenen Sterblichkeit umgegangen wird, auch wenn sich die Gesellschaft momentan lieber mit Massnahmen befasst oder den Virus klein redet.»

Gehen müssen wir am Ende alle. Der Unterschied liegt in der Bewusstheit und der Würde, in der wir dies tun. 

 

Liebe Leserin und lieber Leser, was wünschen Sie sich im Fall einer Infektion? Möchten Sie um jeden Preis am Leben bleiben und sich notfalls beatmen lassen? Oder möchten Sie lieber in der gewohnten Umgebung bleiben und begleitet ein mögliches Sterben in Kauf nehmen?» - Vielleicht stossen Sie den persönlichen Austausch über das Sterben einmal mit einer Türöffner-Frage in Ihrer Familie an? «Lieber Vater, liebe Mutter, lieber Partner: Wenn wir einmal von eurem baldigen Ende ausgehen, was war das zentrale Thema eures Lebens?» – Bestimmt wird dies ein wertvoller Austausch.

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