News von der Glarner reformierten Landeskirche

675 Jahre Kirche Schwanden – eine Geschichte von Mut und Tatkraft

von Swantje Kammerecker
min
21.08.2024
Mit dem Festgottesdienst am Sonntag 18. August 2024, erreichte das Kirchenjubiläum in Schwanden seinen Höhepunkt. Das Wochenende war ausserdem geprägt von Konzerten, einer spektakulären Kunstaktion, einer Buchvernissage, Kulinarik und Geselligkeit.

Sonntagmorgen, 18. August: Die „Heldenmusik“ von Georg Philipp Telemann eröffnet schmetternd den Festgottesdienst in Schwanden. Organist Martin Zimmermann und Trompeter Frits Damrow spielen die Sätze „Die Würde – die Gnade – die Tapferkeit“, sowie eine Sarabande von Tartini. Ein perfekter Rahmen für die Gebete und Ansprachen, gehalten von drei bis zu diesem Tag „geheim“ gehaltenen Festrednern, alle übrigens mit Nachnamen Hefti. Er predige heute nicht, sagt Pfarrer Peter Hofmann, der durch Gottesdienst führt. Als katholischer Kollege und Bruder in Christo ist auch Daniel Prokop zu Gast, um die Freude über das Jubiläum zu teilen. Mit einem Gebet für Gläubige, Suchende und von Sehnsucht erfüllte Menschen bittet er um Zugang zu Gott, darum, „die Augen der Herzen zu öffnen.“ Hofmann erwähnt dankend, dass Prokop sogar die Patroziniumsfeiern der katholischen Kirchgemeinde um das Jubiläum arrangiert habe.

Trotz des Regenwetters leuchtet draussen am Kirchturm das unter Leitung von Antonio Wehrli erstellte „Monumental-Gravity “in den Farben des Kirchenwappens. Am Vortag wurde es unter den feierlichen Klängen der Harmoniemusik Schwanden mit einem Kran in die Höhe gehievt und von einem angeseilten Kletterer befestigt. Es ist ein Gemeinschaftswerk vieler Menschen - wie auch der Bau, Unterhalt und Renovation der Kirche Schwanden über 675 Jahre. Der Schwan als Wappentier, so ist aus der Ansprache des Synodepräsidenten Andreas Hefti zu erfahren, stehe für Liebe, Reinheit und den Reformator Martin Luther. Hefti erwähnt auch den Mut, der für den ersten Schritt zu einer eigenen Dorfkirche in Schwanden nötig gewesen war – sie stand schon, als 1350 erst die Baugenehmigung seitens des Bischofs von Konstanz eintraf. Später erfolgte auch der Loskauf von der Glarner Mutterkirche. Die Reformation mit dem Bildersturm war auch in Schwanden eine bewegte Zeit. Den Mut der Verkündigung, so Hefti, brauche es bis heute. Dafür stehe die rote Zunge, welche früher noch im Schwan des Wappens vorhanden war.

Thomas Hefti, Alt-Ständerat und letzter Gemeindepräsident Schwandens, fragt in seiner Rede nach der Bedeutung der Kirche: Sie galt in früheren Jahrhunderten (so sagt es auch die neue Festschrift) als „Kern der Gemeinde“ und „Sekretariat des Dorfes“, aber auch als bestimmende Vermittlerin von Werten. Zur Zeit der Aufklärung wurde Gott infrage gestellt, in den letzten Jahrzehnten verloren christliche Kirchen deutlich an Mitgliedern. Wenn etwa einer SRF-Moderatorin auf Sendung verboten werde, eine Halskette mit Kreuz zu tragen oder sich eine Gruppe Menschen öffentlich als Hunde identifiziere, wenn es im Einsiedler Welttheater 2024 heisse, Gott sei zwar tot, aber sein Geist lebe; dann hält Hefti dagegen: „Wir sind Gottes Geschöpfe. Er lebt, aber wir müssen ihn entdecken“. Es sei heute nötiger denn je, diese Wurzeln zu erhalten – damit der Baum nicht verkümmere. Dafür brauche es die lebendige Kirche im Dorf.

Kirchenpräsident Hans Heinrich Hefti als dritter Redner berichtet aus der Innensicht eines Schwandners, der seit jeher im nahen Umkreis „seiner“ Kirche lebt. Seine 62 mit reichlich Erinnerungen und Anekdoten erfüllten Jahre machten weniger als zehn Prozent der Geschichte der Kirche und Kirchgemeinde aus, so Hefti. Der riesige Fundus des „Gesamtgedächtnisses“ der Schwander Kirchengeschichte gehöre gepflegt. Hefti blickt zurück auf Taufe, Sonntagsschule, Konfirmation – wechselnde Pfarrer, darunter auch kuriose Persönlichkeiten (einer soll gar die Kollekte veruntreut haben), grandiose oder missglückte Musikdarbietungen, oder ein mitternächtliches Silvestergeläut im Frühling, das von der Pfarrerin geistesgegenwärtig abgestellt wurde. Die Schilderungen sorgen für viel Gelächter. Auch das darf in der Kirche sein. Die gute Laune bleibt an diesem Tag zu Gast, lädt doch nach Segen und Ausgangsspiel das Festzelt vor der Kirche mit Speis und Trank zum Verweilen. Mit dem Festgottesdienst sei der Kulminationspunkt, aber noch nicht der Schlusspunkt des Festjahres erreicht, so Peter Hofmann. Man darf sich also auf weitere schöne Begegnungen freuen.

Die Kirche und ihr Dorf – 675 Jahre Kirchgemeinde Schwanden: So lautet der Titel der Festschrift, welche der aus Schwanden stammende Historiker Rolf Kamm zum Jubiläum verfasst hat. Sie wurde am Samstagmorgen, 17. August, in der Kirche, umrahmt von Orgelmusik durch Martin Zimmermann, vom Autor präsentiert, wobei auch Pfarrer Peter Hofmann und Kirchgemeindepräsident Hans Heinrich Hefti das Wort ergriffen. Letzterer hat auch das Vorwort verfasst und schreibt unter anderem: „Unsere Kirche soll nicht nur ein Denkmal für die Vergangenheit sein, sondern ein lebendiger Raum für Glauben und Zuversicht bleiben.“ Die Festschrift ist in Kapitel nach den einzelnen Jahrhunderten gegliedert und mit den für sie bestimmenden Themen gegliedert. Dabei flossen nebst bestehenden Quellen auch neue Erkenntnisse ein; die bewusste Beschränkung auf die heute noch relevanten Fakten und eine grosszügige Bebilderung machen das Werk sehr lesefreundlich. Es ist für 20 Franken über die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Schwanden zu beziehen. www.ref-schwanden.ch

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